Klima: Wie sich Kleinstädte gegen die große Hitze wappnen

Klima: Wie sich Kleinstädte gegen die große Hitze wappnen
Heiße Tage könnten sich in Mödling verdoppeln. Die Gemeinde will mit mehr Bäumen und Grünraum gegensteuern

Gnadenlos brennt die Sonne vom Himmel, unter den Füßen glüht der Asphalt. Mit mehr als 30 Tagen, in denen das Thermometer auf mehr als 30 Grad kletterte, hat der Sommer auch in Mödling gute Chancen auf einen Rekord. Doch dieser wird in Zukunft mehrfach gebrochen werden. Geht es nach den Prognosen von Klimaforschern, könnte die Anzahl der Hitzetage bis zum Jahr 2100 auf 40 ansteigen. Die Stadt macht sich deshalb nun Gedanken, wie die Hitze in Mödling im Zuge der Stadtplanung künftig gemildert werden kann.

Hitzekarten

Seit 2018 ist die Kommune eine von drei Pilotstädten, bei denen die Auswirkungen des Klimawandels untersucht werden. „Die Frage ist, welche Zukunft wartet auf die Städte“, sagt Wissenschafterin Brigitta Hollosi von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (siehe unten).

„Wir haben uns angeschaut, wo zusätzliche Wärme durch Bebauung entsteht.“ Dadurch entstanden Hitzekarten der Stadt. Die Studie zeigt, dass regionale Maßnahmen große Auswirkungen haben. So könne in Mödling die Zahl der Tage über 30 Grad um 20 Prozent verringert werden, wenn es 9.000 statt der bestehenden 6.200 Straßenbäume gebe, auf Dachbegrünung oder weiß gestrichene Dächer gesetzt werde.

Bäume, Bäume, Bäume

„Was aus dem Projekt klar herausgekommen ist, ist dass die grüne und blaue Infrastruktur – also Pflanzen und Wasser – sehr wertvoll ist“, sagt der Grüne Planungsstadtrat Rainer Praschak. So will die Stadt – sofern möglich – den Baumbestand vergrößern und eine Baumschutzverordnung für Private anregen, damit großen Bauprojekten keine Bäume mehr zum Opfer fallen.

Klima: Wie sich Kleinstädte gegen die große Hitze wappnen

„Eine wichtige Bedeutung werden in Zukunft Frischluftschneisen haben“, erklärt Praschak. Sprich: freie Flächen, die zur Luftzirkulation dienen. Diese sollen künftig im Flächenwidmungsplan besonders geschützt werden. Welche Flächen das sind, wird von Experten erhoben.

Entsiegelung

Denkbar wäre laut Praschak auch, dass ab einer bestimmten Baugröße eine Dachbegrünung vorgeschrieben wird. Zudem soll bei Grundstücken ein gewisser Prozentanteil naturbelassen, also unversiegelt, bleiben müssen.

Generell ist Entsiegelung laut der Studie ein wichtiger Baustein beim Klimaschutz. In Mödling sollen am Hyrtl-Platz etwa Beton-Gittersteine statt Asphalt verlegt werden. Auf künftig geplanten Radwegen könnten Materialien zum Einsatz kommen, in denen Wasser versickern kann.

Kritik an „Hitzeinsel“

Solche Materialien sind auch am neuen Platz am Fliegenspitz zum Einsatz gekommen, der zuletzt aber die Gemüter der SPÖ und der Anrainer erregt hat. Denn der Platz, der im Zuge einer Straßenverlegung statt einer Verkehrsinsel voller alter Bäume entstanden ist, gilt den Roten als „Hitzeinsel“.

43 Grad haben sie dort Anfang August gemessen. „Um 10 Uhr am Abend habe ich auf meiner Terrasse noch 30 Grad“, ärgert sich auch Anrainerin Lucia B. Schuld sei der fehlende Baum- und Strauchbestand. Stattdessen würden Kies und Beton dominieren.

Verdunstungskälte für das Klima

Praschak hingegen verteidigt das Projekt. Denn der vermeintliche Kies auf den Wegen sei eine sogenannte „wassergebundene Decke“, in der Regenwasser besser versickern könne.

Durch abendlich aufgebrachtes Wasser würde zusätzlich eine Verdunstung und damit Kühlung erreicht. Auch die Bepflanzung mit Stauden verteidigt er, es seien Pflanzen gewählt, die gut für Insekten sind und die Trockenheit aushalten. Da die alten Bäume nicht erhalten werden konnten, wurden neue, hitzeresistente gepflanzt. Ihre Baumkronen sollen 75 Prozent des Platzes abdecken – allerdings erst in zehn Jahren. „Wenn man von Hitzeinseln spricht, sind das der Josef-Deutsch-Platz oder der Freiheitsplatz mit 100 Prozent Versiegelung“, sagt Praschak.

Klimamodelle für Kleinstädte soll Orte sensibilisieren

Während Wien  bei der Stadtplanung seit Jahren die Auswirkungen von Hitzewellen berücksichtigt, fehlen in kleinen Kommunen derartige Strategien, obwohl sie ebenfalls vom Klimawandel betroffen sind. Mit dem Projekt, das noch bis 2020 läuft und neben Mödling auch Salzburg und Klagenfurt umfasst, sollen die Städte sensibilisiert werden.

Konkret wurden in den drei Pilotstädten der  Ist-Zustand in Sachen Sommer- und Hitzetage erhoben sowie zwei unterschiedliche Szenarien modelliert. Eines, bei dem Klimaschutz keine Rolle spielt. Und ein zweites, bei dem internationale Maßnahmen ebenso berücksichtigt werden, wie lokale.

Bewusstseinsbildung

Eines ist sicher: Letzteres ist das weitaus angenehmere Modell, denn dabei werden 23 statt 40 Hitzetage und 80 statt 100 Sommertage prognostiziert. Mit den Ergebnissen sollen die Gemeinden nun Maßnahmen entwickeln. Allerdings sind die Ergebnisse kaum auf andere Städte umlegbar, da Größe der Gemeinde oder Bebauungsdichte eine zu große Rolle spielen. Es geht um Bewusstseinsbildung.

An der Untersuchung sind neben der ZAMG auch das International Institute for Applied System Analysis und das Umweltbundesamt beteiligt. Gefördert wird es vom österreichischen Fonds für Klimaforschung.

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