Klang ohne Grenzen: Beethovenhaus Baden lässt aufhorchen

Am 7. Mai 1824 bekamen die Besucher des Kärntnertortheaters in Wien etwas zu hören. Etwas Besonderes. Die Neunte Symphonie von Ludwig van Beethoven. Der Meister höchstpersönlich stand am Dirigentenpult, doch er hörte weder die Ode an die Freude noch den rauschenden Applaus. Denn Beethoven war zu diesem Zeitpunkt schon völlig ertaubt.
Das Beethovenhaus in Baden, wo große Teile der Neunten entstanden sind, will nun mit einem Schwerpunkt das Bewusstsein für Gehörlosigkeit stärken.
Angeregt wurde dieses Projekt durch den Besuch des White Hands Chorus, eines inklusiven Chors mit hörenden und gehörlosen Musizierenden aus Japan, im Februar 2024, erzählt Ulrike Scholda, Leiterin der Museenabteilung Baden. Der Besuch im Beethovenhaus Baden sei für alle sehr emotional gewesen, vor allem die Erlebnisse im Hörlabor: Einige Chormitglieder konnten durch das „Knochentelefon“, das die Musik spürbar macht, die Klänge der Neunten fühlen, wie sie sie noch nie erlebt hatten.

Ulrike Scholda (re.), Stadtrat Michael Capek mit Sabine Peck-Unger und Eva Böhm von WITAF
„Beethoven war ein oft grimmiger Zeitgenosse, was wohl auch an seiner Taubheit gelegen ist. Aus seinem Testament ist zu erkennen, wie sehr ihn das belastet hat“, sagt Scholda. „Es gab damals ja auch noch keine Gebärdensprache und keine Hörgeräte, nur Hörrohre.“
Neuer Videoguide
Ab sofort steht im Beethovenhaus ein von Hearonymus entwickelter Videoguide in Gebärdensprache zum Gratis-Download zur Verfügung. Außerdem wird es spezielle Führungsterminen mit Gebärdensprachdolmetsch (am 29. März und 9. April) in Kooperation mit dem Verein WITAF geben.
Geschäftsführerin Eva Theresa Böhm freut sich über die neue Kooperation mit dem Beethovenhaus: „Kunst und Kultur sind Teil unserer Identität. Umso wichtiger ist es, barrierefreien Zugang zu kulturellen Angeboten zu schaffen.“ Helene Jarmer, Präsidentin des Österreichischen Gehörlosenbundes, fügt hinzu: „Dieses Projekt trägt dazu bei, die gesellschaftliche Wahrnehmung von Gehörlosigkeit zu verändern und zu zeigen, dass Kunst und Kultur für alle zugänglich sein müssen.“
Veranstaltungen
Veranstaltungen zum Thema lassen aufhorchen: Am 2. April gibt es einen kostenlosen Infotermin für Pädagoginnen und Pädagogen „Was bedeutet taub sein?“. Am 3. April folgt ein Vortrag von Iris Kapeller zu „Der schwerhörige Beethoven“ und am 4. April eine Einführung in die Gebärdensprache.

Hörrohre waren zu Beethovens Zeiten Hilfsmittel
Abgesehen von diesem Schwerpunkt arbeitet das Beethovenhaus schon am Programm für 2027, denn da „werden wir den 200. Sterbetag von Beethoven gebührend begehen“, so Kulturstadtrat Michael Capek. Mehr Info: www.beethovenhaus-baden.at
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