Kino-Revival in NÖ: Immer noch leiwand

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Das Kino in Krumbach in der Buckligen Welt ist seit 40 Jahren geschlossen. Jetzt erwacht es für zwei Wochenenden aus seinem Dornröschenschlaf.

Ende September steht im Kino von Krumbach in der Buckligen Welt ein Klassiker auf dem Programm: der Italowestern "Spiel mir das Lied vom Tod".

Dabei geht es eigentlich um eine Wiedergeburt, denn natürlich hat das Kino in der 2.400-Einwohner-Gemeinde längst geschlossen, so wie alle Kinos in der Gegend. Die letzte reguläre Vorstellung fand am 28. September 1985 statt. Jetzt, genau 40 Jahre später, erwacht das Lichtspielhaus an zwei Wochenenden aus seinem Dornröschenschlaf. Zuerst macht das Filmarchiv Austria im Rahmen seiner "Magical Cinema Tour NÖ" in Krumbach Station (20./21. 9.), eine Woche später macht das Kino selbst Programm (27./28. 9.).

Im Rahmen der Magical Cinema Tour bespielt das Filmarchiv leer stehende Landkinos mit historischen Filmen. In Krumbach stehen die Science-Fiction-Satire "1. April 2000" (1952) und das Höhlenforscherdrama "Geheimnisvolle Tiefe" (1949) auf dem Programm; vor den Vorstellungen werden historische Filmdokumente aus der Region gezeigt, etwa ein Werbefilm für eine Postbusfahrt aus den 20er-Jahren oder Amateurfilme mit Alltagsszenen aus den 50er- und 60er-Jahren.

"Mit der Tour wollen wir diese kleinen Denkmäler der Filmkultur in Erinnerung rufen", sagt Filmarchiv-Direktor Ernst Kieninger. Das Interesse ist groß; obwohl die alten Kinos ziemlich viele Plätze haben, sind meist alle besetzt. Neben Filmbegeisterung spiele dabei auch pure Neugier eine Rolle: "Die Leute wollen da einmal rein."

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1970 lief im Krumbacher Kino die Komödie "Ein toller Käfer". Kinobesitzer Fritz Kerschbaumer pimpte seinen privaten Käfer aus Werbezwecken zum Film-"Herbie" auf. 

Keine Rumpelkammer

Das Besondere am Krumbacher Kino sei, dass es mehr oder weniger im Originalzustand erhalten ist. "Das ist eine richtige Zeitkapsel", sagt Kieninger. "Man bekommt da wirklich die Atmosphäre der Hochblüte des Kinos mit." Tatsächlich steht das Krumbacher Kino noch fast genauso da, wie es vor mehr als 70 Jahren gebaut wurde.

"Im Winter stelle ich die Blumen rein, aber zu einer Rumpelkammer ist das Kino nie verkommen", sagt der 66-jährige Besitzer Erwin Kerschbaumer. Nur die Buchstaben K, I, N und O über dem Eingang wurden irgendwann abmontiert, weil sie schon so rostig waren. Die 185 Sitzplätze im Saal sind aus Holz, die Projektoren im Vorführraum stammen noch aus der Stummfilmära, aus den 20er-Jahren, und wurden später auf Tonfilm umgerüstet. Ganz so alt ist das Krumbacher Kino noch nicht, es wurde von Kerschbaumers Vater Fritz 1953 eröffnet, zehn Jahre vor dem unmittelbar daneben gelegenen Freibad.

Weil das Kino und das Wohnhaus der Familie eine bauliche Einheit sind, ist Kerschbaumer buchstäblich im Kino aufgewachsen, als Bub hat er die Karten abgerissen und natürlich viele Filme geschaut. "Die Winnetou-Filme habe ich sicher 15, 20 Mal gesehen, die Filmmusik geht mir heute noch ganz nah."

Termine

Magical Cinema Tour
(Eintritt frei, keine Reservierung möglich)

20.9., 18 Uhr
"1. April 2000"

21.9., 18 Uhr
"Geheimnisvolle Tiefe"

Weitere Stationen 
der Tour:
26.9. Großkadolz
27./28.9. Gföhl
3.10. Zistersdorf
11./12.10. Allentsteig
17.10. Vitis
24./25.10. St. Pölten
Info: filmarchiv.at


Kino-Wochenende
(Reservierung: kino.jimdosite.com)

27.9., 19 Uhr
"Zwei wie Pech und Schwefel"

28.9., 14 Uhr
"Ice Age I"

28.9. , 17 Uhr
"Spiel mir das Lied vom Tod“

 

Die goldenen Zeiten des Krumbacher Kinos waren die 50er- und 60er-Jahre: Größter Blockbuster war der erste "Sissi"-Film mit Romy Schneider, den wollten 750 Krumbacherinnen und Krumbacher sehen. Als die Komödie „Ein toller Käfer“ anlief, pimpte Kerschbaumers Vater seinen privaten VW zum Kino-Käfer „Herbie“ und machte damit Werbung für den Film.

Mit dem Siegeszug des Fernsehens und dem Aufkommen des Videorekorders wurde es für die Kinos immer schwieriger. Und wenn dann doch einmal ein Film die Massen lockte, wollten sie nicht wochenlang warten, bis er in Krumbach anlief. „Die sind alle zum neuen James Bond nach Neustadt gefahren, und wir waren dann leer“, erinnert sich Kerschbaumer.

Jahrzehntelang betrieb Kerschbaumer eine Trafik in Mödling, weshalb er in Wiener Neudorf einen zweiten Wohnsitz hat. Seit er in Pension ist, verbringt er die Hälfte seiner Zeit dort, die andere in Krumbach. Das Kino hat er erstmals 2018 wieder aufgesperrt, damals lief "Dirty Dancing" zweimal vor vollem Haus. Als er im Jahr darauf aber wieder ein Wochenende programmierte, hielt sich der Andrang in Grenzen. Seitdem weiß Kerschbaumer: "Man kann das nur alle paar Jahre machen, öfter bringt das nix, die Leute müssen hungrig sein."

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Das Krumbacher Kino wurde 1953 eröffnet und ist mehr oder weniger im Originalzustand erhalten. "Das ist eine richtige Zeitkapsel", sagt Filmarchiv-Direktor Ernst Kieninger. 

Im Namen des Vaters

Geschäft sind die Krumbacher Kino-Wochenenden übrigens keines, aber es geht Kerschbaumer nicht ums Geld. "Ich will damit nichts verdienen, ich will das Kino nur der Öffentlichkeit zugänglich machen", sagt er. Er denke dabei auch an seinen Vater, der das Kino einst mit einer Hand – die andere hatte er im Krieg verloren – aufgebaut hat. "Wenn der Papa runterschaut, freut er sich bestimmt."

Nächstes Mal, in ein paar Jahren, möchte Erwin Kerschbaumer "Ein toller Käfer" spielen, dazu soll der Käfer-Club aus Laxenburg auf dem Parkplatz Oldtimer präsentieren. Papas alter Käfer steht als Werbemittel leider nicht mehr zur Verfügung, er wurde schon vor langer Zeit verkauft.

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