Im kunterbunten Reich der 6.000 Verkleidungen
„Diese Kostüme hier, die wurden gerne für den Life Ball ausgeborgt und diese hier“ – Carla Dögl lacht und nimmt einen rosa Schweinskopf aus Plüsch in die Hand – „die hab ich für die Geburtstagsfeier eines Fleischhauers gemacht, 13 Stück.“
Außerirdische, Vampire, Prinzessinnen, Steinzeitmenschen, Filmstars, die verschiedensten Tiere von der Maus bis zum Elefanten – es gibt kaum ein Kostüm, das es hier nicht gibt. Mehr als 6.000 Stück hat Carla Dögl in 30 Jahren in der wohl größten privaten Kostümsammlung des Landes angehäuft. Der ehemalige Saal des Kinos in Möllersdorf (Stadtteil von Traiskirchen) ist bis auf das letzte Eck gefüllt, ein Kleiderständer reiht sich an den nächsten. Eine schier unendliche und unübersichtliche Fülle, noch dazu gibt es kein System in dem kunterbunten Reich: „Meine Kinder wollten die Kostüme in einem Computerprogramm erfassen, um sie leichter zu finden. Aber ich brauche das nicht, ich weiß, wo was liegt“, sagt die bald 80-Jährige mit einem Schmunzeln. Zu jedem Kostüm kramt sie auch noch die passenden Accessoires wie Schmuck, Brillen, Perücken oder Schwerter aus Kisten.
Dabei weiß Dögl nicht nur, wo was zu finden ist, viele Stücke hat sie selbst genäht und gebastelt und kann eine Geschichte dazu erzählen. „Das Alf-Kostüm habe ich für einen Mann aus Mürzzuschlag gemacht. Er ist jedes Jahr aus der Steiermark hierher gefahren, um es sich auszuborgen, weil es ihm so gut gefallen hat.“
Ein anderer wollte im Fasching als Emmentaler-Käse zum Gschnas gehen. Carla Dögl sorgte für das passende Kostüm. Wobei: „Das hat danach niemand mehr ausgeborgt.“ Was war die skurrilste Herausforderung? „Einmal wollte jemand als Kebab gehen“. Für das Kostüm brauchte Carla Dögl etwas länger.
Kostüme für Kinder
Vor 30 Jahren, genau am 9. Jänner 1994, wurde der Kostümverleih eröffnet. Zum Start gab es „nur“ 2.000 Kostüme. Dass es aber überhaupt dazu kam, war ein Zufall. Denn ursprünglich hatte Dögl eine Ausbildung zur Diplomkrankenschwester gemacht. Sie hat es sich dann aber anders überlegt und einen Hundesalon eröffnet.
Das Geschäft ging an sich ganz gut, nur im Winter war im Hundesalon weniger zu tun. Da blieb Zeit, um Faschingskostüme für die drei Söhne zu basteln. Was beim Maskenball ein Hingucker wurde. „Ich wurde gefragt, wo ich denn die schönen Kostüme herhabe“, erzählt Dögl. Und so kam sie auf die Idee, auch für andere Verkleidungen zu machen. Mit so großem Erfolg, dass sie den Hundesalon schließlich aufgab und sich ganz Verkleidungen und Verleih widmete.
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Wobei sie sich alles selbst beigebracht hat. „Ich habe keine Ausbildung zur Schneiderin, habe nie nach einem Schnitt gearbeitet“, betont Dögl. Das ersetzte sie durch Talent und Gefühl. Wobei auch schon mal etwas danebengehen konnte. Die einmal für ein Theaterstück bestellten Eichkatzerl-Kostüme sahen schließlich eher nach Meerschweinchen aus. „Es machte aber nichts, die Theaterleute waren von den Kostümen ganz begeistert“, erinnert sich Dögl und lacht.
Natürlich hat sie nicht alle ihrer Tausenden Kostüme selbst gemacht. Viele wurden etwa von der Volksoper erworben. Einen großen Teil der Sammlung machen auch weniger „lustige“ Teile aus, wie Smokings, Fracks oder auch Brautkleider. „Ich habe auch weiße Fracks, die ich einer Musikkapelle abgekauft habe. Damit waren Freunde meines Sohnes einmal sogar am Opernball“, erzählt sie.
Im Laufe der Zeit haben sich die Trends beim Verkleiden verändert. Klassiker, wie Cowboys oder Clowns, gehen gar nicht mehr, dafür sind Figuren aus Filmen zuletzt immer beliebter geworden.
Doch nach 30 Jahren hat Carla Dögl ihren Kostümverleih geschlossen. Einen großen persönlichen Auftritt hat sie mit einigen ihrer Prunkstücke noch vor. „Im September werde ich 80 Jahre alt. Da möchte ich mit der Familie und Freunden ein großes Mittelalterfest feiern.“ Und da werden natürlich Kostüme aus ihrem reichhaltigen Fundus Verwendung finden und für die richtige Adjustierung sorgen.
Danach hofft Dögl, einen Nachfolger zu finden. Ihre 6.000 Kostüme, 600 Masken und unzählige Perücken und Accessoires stehen jedenfalls zum Verkauf. „In 30 Jahren hat sich so viel angesammelt, es wäre schön, wenn sich jemand dafür findet“, hofft sie. Und die „Kostüm-Königin“ ist überzeugt, dass ihre große Leidenschaft trotz aller Modeerscheinungen immer aktuell bleibt: „Die Lust am Verkleiden ist geblieben.“
Bei Interesse Infos unter www.kostueme.at oder 0699/10168561
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