Nachdem der Notarzthubschrauber und der Leichenwagen aus der Kalten Kuchl nicht mehr wegzudenken waren, hat man vor bereits vierzehn Jahren die Notbremse gezogen und für Motorräder generell Tempo 70 verhängt.
Als wäre der Sturzhelm eine Art Schutzschild ist das aber noch nicht in alle Biker-Köpfe vorgedrungen. Manche verwechseln die beschauliche Bergstrecke immer noch mit einem Moto-GP-Kurs. Die Kurven sind anscheinend zu verlockend.
Von April bis Ende Juli wurde bei Tempomessungen am Rohrer Berg sieben Bikern wegen massiver Geschwindigkeitsübertretungen der Schein abgenommen. Allein am Sonntag wurden gleich drei Biker aus Mödling mit 142 km/h angehalten. Das ist noch nichts gegen den schnellsten jemals gemessenen Motorradfahrer in diesem Abschnitt. Dieser schaffte in der 70er-Beschränkung sage und schreibe 229 km/h, wohlgemerkt mit seiner Frau am Sozius.
Seit April wurden am Rohrer Berg 194 Schnellfahrer geblitzt. Was neben der zu hohen Geschwindigkeit den Anrainern entlang der Strecke den letzten Nerv zieht, sind vor allem die modifizierten Maschinen. „Je lauter, desto besser. Der Dezibel-Killer aus dem Auspuff wird einfach entfernt und andere illegale Umbauten vorgenommen“, sagt Krojer. Nur wegen fehlender Schalldämpfer setzte es heuer bereits 29 Anzeigen und Strafzettel, 14 Biker müssen wegen schwerwiegender technischer Mängel mit ihren Motorrädern zur Landesprüfanstalt.
„Der einzige Vorteil der Umbauten ist, dass man sie schon von weither hört.“ Gerald Lerchecker vernimmt ein Motorengeräusch und geht wieder mit der Laserpistole in Stellung. Das Display zeigt 94 km/h. Krojer tritt in die Mitte der Straße und winkt den Motorradfahrer in die Pannenbucht. Walter Kobald ist aus Schwaz in Tirol und weit gereist. Der 71-Jährige ist seit 17 Tagen unterwegs und war mit seiner Maschine in St. Petersburg und zuletzt in Hamburg.
Durch die Kalte Kuchl fährt er das erste Mal. Die 70-km/h-Tafeln habe er einfach übersehen. Weil er definitiv kein uneinsichtiger Raser oder Rowdy ist, belassen es Krojer und Lerchecker bei einer Belehrung. Der Pensionist honoriert es mit großem Lob: „Wirklich toll, was unsere Exekutive leistet. Das muss auch einmal gesagt werden.“
Zeit für einen längeren Tratsch bleibt nicht. Lerchecker hat bereits eine Gruppe slowakischer Biker mit der Laserpistole im Visier. Zumindest ans Tempolimit haben sie sich gehalten.
Kommentare