"Frau in der Wirtschaft"-Obfrau hinterfragt Änderung der Pflegekarenz

Vera Sares ist seit drei Monaten neue Obfrau des WK-Netzwerks "Frau in der WIrtschaft"
Warum ein funktionierendes System wie die Pflegekarenz ändern, fragt sich die neue "Frau in der Wirtschaft"-Obfrau Vera Sares.

KURIER: Sie sind seit drei Monaten neue Obfrau des WK-Netzwerks „Frau in der Wirtschaft“. Welche Ziele haben Sie?

Vera Sares: Die Hälfte aller Neugründungen in Niederösterreich sind weiblich, wir zählen mehr als 56.000 weibliche Kammermitglieder. Wir wollen diesen Frauen eine starke Stimme geben und die besten Rahmenbedingungen schaffen.

Warum haben Sie sich vor mehr als zwölf Jahren für die Selbstständigkeit entschieden?

Ich habe nach der Geburt meines ersten Kindes meine Werbeagentur gegründet, weil ich gemerkt habe, wie schwer sich Beruf und Familie vereinbaren lassen. Und mir waren flexible Arbeitszeiten und eine eigene Zeiteinteilung wichtig.

Ist es nicht oft umgekehrt, ist es für viele selbstständige Frauen nicht oft schwieriger, Familie und Beruf zu vereinbaren?

Das sehe ich ganz anders, ich bin einfach nicht der Typ, der pünktlich um drei Uhr Nachmittag den Stift fallen lässt. Ich arbeitete immer am Vormittag, wenn das Kind im Kindergarten war, oder am Abend, wenn es geschlafen hat. Es gilt, Frauen mehr Mut zu machen, diesen Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen. Ich konnte das Kind auch ins Büro mitnehmen, das war nie ein Problem, und hatte ein starkes, unterstützendes, familiäres Netzwerk.

Das haben aber nicht alle.

Deswegen ist eine flächendeckende Kinderbetreuung auch so wichtig, vor allem für Kleinkinder. Das fehlt nicht nur im ländlichen Raum. Auch die Öffnungszeiten müssen flexibler gestaltet werden. Viele Tagesstätten sperren zu Mittag zu und drängen Frauen in Teilzeitbeschäftigungen.

Neben Kinderbetreuung stehen auch Digitalisierung und Künstliche Intelligenz auf Ihrer Agenda.

Das ist etwas, wovor man sich nicht fürchten darf, sondern worauf wir mit Lösungen antworten müssen. Digitalisierung bringt auch Vorteile mit, alles funktioniert schneller, man kann von zu Hause arbeiten und erspart sich das Pendeln. Ich glaube nicht, dass Arbeitsplätze verloren gehen, sie verlagern sich nur.

Was bedeutet Gendermedizin für Sie?

Für uns ist es wichtig, dass es auf die Frau abgestimmte Präventions- und Vorsorgemaßnahmen gibt. 50 Prozent aller Frauen sterben an Herz-Kreislauf-Problemen, da muss man mehr informieren und sensibilisieren.

Dazu passt das Thema Pflege und Pensionen. Wie stehen Sie zur Pflegeversicherung und zur Pflegekarenz?

Es braucht auf jeden Fall Lösungen. Die Pflegeversicherung darf auf keinen Fall die jetzt schon viel zu hohen Lohnnebenkosten weiter erhöhen. Bisher konnte die Pflegekarenz und -teilzeit auf freiwilliger Basis mit dem Arbeitgeber vereinbart werden. Dies hat auf betrieblicher Ebene gut funktioniert. Für Unternehmer stellt sich nun die Frage, warum eine gesetzliche Regelung eingeführt werden musste.

Wie will man auf den Fachkräftemangel, nicht nur im Bereich Pflege, reagieren?

Die Lehre muss aufgewertet, attraktiver gestaltet werden. Wir müssen uns fragen: Was wollen die Millennials, die Generation Y? Die haben Anforderungen, streben nach einer Work-Life-Balance und lassen sich in kein Hamsterrad mehr drängen. Man muss ihnen mehr bieten als früher, ein guter Lohn reicht nicht mehr.

Eine private Frage: Sie waren über zwölf Jahre lang Leistungssportlerin, haben auch im Damen-Basketball-Nationalteam gespielt: Was nimmt man aus dem Sport mit in Ihre neue Position?

Ich bin eine Teamplayerin, sehr zielorientiert und strategisch fokussiert. Ich bin ein sehr positiver Mensch, und das Motto „Geht nicht, gibt’s nicht“, lebe ich nicht nur in meinem Unternehmen, sondern auch als Obfrau.

Die 46-Jährige, geboren in Oberösterreich, wohnt in Himberg (Bezirk Bruck an der Leitha) und betreibt eine Werbeagentur. Sares ist zweifache Mutter, Ehefrau, Leistungssportlerin und spielte im Damen-Basketballnationalteam. Heute betreibt sie den Sport hobbymäßig, unterrichtet an der Grafischen in Wien und studiert an der Pädagogischen Hochschule.  

 

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