Forschung statt Feldarbeit: Wie Start-ups das Land hip machen sollen

In einem Gewächshaus stehen zwei Personen neben einem Wassertank und einem Computerbildschirm, der Daten anzeigt.
19 Firmen entwickeln in Tulln nachhaltige Technologien. Das hilft den Menschen – und dem ländlichen Raum

Im Gewächshaus steht ein großer Kanister, in dem an Algen geforscht wird, in den ehemaligen Schulräumlichkeiten werden skalierbare Geruchssensoren entwickelt. Als die Landwirtschaftliche Fachschule in Tulln 2020 geschlossen wurde, zogen die Schüler aus – aber andere junge Menschen ein. 

Das Gebäude wurde zum Start-up Village Tullnerfeld entwickelt. Mit Innovation und Forschung, so die Idee, sollen der ländliche Raum gestärkt und hoch qualifizierte Arbeitsplätze geschaffen werden.

Aktuell sind 19 Start-ups in der alten Schule eingemietet, der Fokus liegt auf nachhaltigen Unternehmen aus dem Bereich Klima und Energie. Ihnen stehen über den „accent Makerspace“ neben Co-Working-Spaces auch Versuchsflächen, Labors, Werkstätten und Demonstrationshallen zur Verfügung. 

Zudem profitieren die Jungunternehmer von der Vernetzung untereinander sowie mit Experten und Forschungseinrichtungen. Ihre Ideen und Produkte können rasch marktfähig werden.

Guter Riecher

Wie etwa die Firma „Nosi“, die 2024 gegründet wurde und acht Mitarbeiter hat. „Wir haben uns zum Ziel gesetzt, Maschinen und Computern das Riechen beizubringen“, erklärt Patrik Aspermair. 

Gemeinsam mit Johannes Bintinger hat er hier als Spin-off des Austrian Institute of Technology hochsensitive Geruchssensoren mittels gedruckter, leitfähiger Polymere zur Nachbildung biologischer Geruchssensoren entwickelt.

Drei Personen stehen in einem Labor mit wissenschaftlichen Geräten.

Patrik Aspermair demonstriert Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner Technologie

Die Technologie kann in Kombination mit KI-gestützten Algorithmen Duftstoffe präzise erkennen und analysieren. Die Firma Agrana nutze sie bereits, wie Aspermair erzählt. 

In der Region gebe es viele „Talente abzugreifen“. Da die Start-ups vom Land NÖ unterstützt werden und die Miete daher niedriger sei als in Wien, könne er das Budget für mehr Mitarbeiter aufwenden. „Und in 30 Minuten bin ich am Flughafen und in der ganzen Welt.“ Mit der Danube Private University will „Nosi“ nun in den Gesundheitssektor einsteigen.

„Wir wissen, dass wir unseren Wohlstand nur halten, wenn wir unsere Wettbewerbsfähigkeit stärken“, sagt Landeshauptfrau Johanna-Mikl Leitner bei einem Besuch im Start-up-Village. Und das gehe nur durch Ideen, Forschung und Unternehmertum, die nicht auf die Stadt begrenzt sind.

Europaweit gebe es einen Braindrain vom Land in die Stadt und von dort ins Ausland, sagt auch Wolfgang Kniejski von der europäischen Wissens- und Innovationsgemeinschaft EIT Manufacturing. Man brauche daher Innovationsstrategien für die Regionalentwicklung.

Start-ups fördern

Das Start-up-Village ist auch für das Land ein Experiment. Nach der Schließung der landwirtschaftlichen Fachschule wurde überlegt, was mit dem Gebäude passieren soll. Schließlich entschloss man sich, das Areal im ursprünglichen Zustand weiterzugeben und dazu, die Entwicklung innovativer Produkte zu fördern. Nun ist Tulln eine von drei Start-up Village Regionen im deutschsprachigen Raum.

Das ermöglichte auch Anna Buchner, Nikolaus Mandelburger und zwei Kommilitonen von „Cyan Cycle“, an ihrer Idee zu forschen. Algen sollen CO2 aus Abgasströmen binden und dann etwa als Biodünger einsetzbar sein.

Drei Personen stehen in einem Gewächshaus neben einem großen Wasserbehälter von Cyan Cycle.

Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (re.) ließ sich beim Besuch des Start-up-Villages von Anna Buchner ihre Forschungsidee erklären. Algen sollen CO2 filtern 

Aktuell arbeiten die Studierenden im Gewächshaus an ihrem Prototypen des Cyan Cubes. Auf den Feldern können sie dann den Dünger testen. Auch mögliche Abnehmer gebe es in der Region, meint Buchner. 

Das Ziel ist, CO2-neutrale Betriebsweisen für Industrieanlagen zu ermöglichen. Den „Proof of Concept“ – also die Demonstration, dass ihre Entwicklung funktioniert – wollen sie im Sommer durchführen.

Kommentare