Familientragödie wegen Streit um Speiseaufzug

Tatort-Rekonstruktion im Schloss
Dem Dreifachmord auf Schloss Bockfließ war ein Verfahren um die Genehmigung eines Speiselifts vorausgegangen.

Etwas so Banales wie ein Speiselift soll der Auslöser für die Familientragödie gewesen sein, die vergangenen Dezember die Gemeinde Bockfließ im Weinviertel erschütterte. Dem Dreifachmord war ein baubehördliches Verfahren um den Bau eines dreigeschoßigen Speiseaufzuges voraus gegangen. Obwohl der zehn Meter hohe Liftschacht samt Einbauten bis ins kleinste Detail von dem erfahrenen Wiener Ingenieurkonsulent Robert G. geplant wurde, soll Schlossherr Tono Goëss anscheinend keinen Konsens mit den Behörden gefunden haben. Der 54-jährige Adelige soll daraufhin am 13. Dezember zur Waffe gegriffen und auf dem Familienanwesen seinen Vater Ulrich (92), dessen zweite Ehefrau Margherita Cassis-Faraone Goëss (87) und seinen Bruder Ernst Goëss (52) mit einem Schrotgewehr erschossen haben.

Seit dieser Woche liegen erste Details zu der Bluttat schwarz auf weiß auf dem Tisch. Der renommierte Gerichtssachverständige Wolfgang Denk hat die Obduktionen durchgeführt und auf über 30 Seiten das gerichtsmedizinische Gutachten zum gewaltsamen Tod der drei Familienangehörigen verfasst. Zusammen mit der Tatort-Rekonstruktion scheinen damit zumindest die Minuten rund um die tödlichen Schüsse geklärt.

Familientragödie wegen Streit um Speiseaufzug

Anwalt Peter Philipp

Auslösendes Moment dürfte laut Strafverteidiger Peter Philipp der schon lang andauernde Konflikt um den Speiselift gewesen sein. „Es ist im Wohnsalon des Schlosses zu einem heftigen Streit darüber gekommen. Der dominante Vater soll, wie schon öfters, seinem Sohn Unvermögen an den Kopf geworfen haben“, so Philipp. Laut seinem Mandanten soll es „Brösel“ mit der Gemeinde als Baubehörde und dem Bundesdenkmalamt wegen des Einbaus des Speiseaufzuges gegeben haben. Der Bürgermeister von Bockfließ, Josef Summer, wollte sich dazu nicht äußern. Der Vorfall sei tragisch genug, ließ er dem KURIER ausrichten.

Schüsse

Peter Philipp erklärt den Ausraster seines Mandanten mit einem schwerwiegenden medizinischen Problem. „Er ist seit Jahren schwer krank, hat Tumore im Körper und im Kopf. Von den Behandlungen der letzten Jahre gibt es 60 medizinische Akte“, so Philipp.

Durch die jahrelange Unterdrückung und den Streit mit dem Vater soll der 54-jährige einen „enormen Druck im Kopf“ verspürt haben. Im Zuge eines Anfalls habe er zur Waffe gegriffen. Das Schrotgewehr war eines von mindestens 15 Gewehren im Waffenschrank der Adelsfamilie. Laut dem Gerichtsmediziner wurde aus nächster Nähe zuerst der Bruder mit einem Schuss, danach der Vater mit einem weiteren und anschließend die Stiefmutter mit zwei oder drei Schrotschüssen gerichtet. Laut Philipp würde dies ebenso für ein absolutes Blackout des Schützen sprechen. „Es gab mit dem Bruder keinen Konflikt, er hat ihn geliebt.“ Das medizinische und psychologische Gutachten soll darüber Aufschluss geben, ob Tono Goëss unzurechnungsfähig war oder nicht.

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