Burg Hardegg feiert Wiedereröffnung: Blick hinter mittelalterliche Mauern

Fernblick auf die Burg Hardegg
Das neben dem Nationalpark Thayatal wohl größte Wahrzeichen der kleinsten Stadt Österreichs kann noch bis 24. August besucht werden.

Von Benedikt Schweigl

Hardegg (Bezirk Hollabrunn) zählt aktuell nur rund 80 Einwohnerinnen und Einwohner – doch am Montag, den 11. August, würden wohl die wenigsten Leute vor Ort zu der Einschätzung kommen, dass hier weniger als 100 Leute ihren Lebensmittelpunkt haben.

Nur wenige Meter nach dem Ortsschild sind zahlreiche Autos zu sehen, freie Parkplätze – Fehlanzeige. Unmittelbar vor der mittelalterlichen Burg Hardegg sind üblicherweise reichlich Parkmöglichkeiten vorhanden, doch nicht an diesem Tag. Nach Jahren ist das denkmalgeschützte Objekt endlich wieder für die Öffentlichkeit zugänglich.

Bereits kurz vor dem eigentlichen Öffnungsbeginn um 10:00 strömen die ersten kleineren Menschenmassen zum Eingangstor der Burg. Dort angekommen, ist eine kleine sichtbar improvisierte Kassastelle aufgebaut – man wird freundlich begrüßt, von der Sekretärin des Burgbesitzers Octavian Pilati, wie sich wenige Minuten später herausstellt.

Die Laune der jungen Frau entspricht dem strahlend sonnigen Wetter an diesem Tag, mit den ersten Besucherinnen und Besuchern der Burg wird bereits gescherzt und gewitzelt. Am Eingangstor empfängt mich kurze Zeit später der Burgherr, Octavian Pilati – wir begrüßen uns und marschieren alsbald im Gleichschritt die natürliche Steigung zum Kern der Burg hinauf.

Da es eigentlich keine Führungen durch die Burg gibt, erregen wir relativ schnell Aufmerksamkeit. Anfänglich noch durch Blicke erkennbar, gewinnt die Neugier schon bald die Oberhand – einige Besucherinnen und Besucher gehen auf Herrn Pilati zu, sie erkennen ihn. Es sei wunderbar, dass die Burg wieder geöffnet hat, ist immer wieder zu hören.

Das Eingangstor zur Burg Hardegg steht nach Jahren endlich wieder offen

Hinter dem Eingangstor der Burg Hardegg wartet im Schatten bereits die Kassa, man wird freundlich empfangen.

Andere wiederum rätseln darüber, wo die einstige Wasserversorgung zu finden ist – schnell wird klar, aus Sicherheitsgründen sind nicht alle Räume der Burgfeste zugänglich gemacht worden. Pilati und ich schreiten voran, von Raum zu Raum – die Burg bietet trotz der hohen Temperaturen viele Schattenplätze und es ist angenehm zu gehen. Den Anfang machen wir in der Kapelle, bereits auf der Eingangstür zeigt sich die Geschichte des Anwesens – mehrere Einschusslöcher sind zu erkennen.

Sie sind aus der Zeit rund um den 2. Weltkrieg und stammen von der sowjetischen Besatzungsmacht, wie mir Pilati erklärt.

Burg Hardegg - Einschlusslöcher auf der eisernen Tür der Burg-Kapelle

An der Tür zur Burgkapelle sind mehrere Einschlusslöcher zu erkennen, verursacht wurden sie von den heranstürmenden Sowjets.

Er sei einigermaßen gut mit der Geschichte der Burg vertraut, immerhin habe er als Kind viel Zeit hier verbracht und als Jugendlicher sogar Führungen durch das Anwesen gegeben. Als wir weniger später durch den Ahnensaal schreiten, erklärt er mir, dass der familiäre Bezug zur Burg Hardegg sehr stark ist. Ein Verkauf wie im Falle von Schloss Riegersburg sei deshalb undenkbar.

Bewegte Geschichte

Immerhin erbten die Pilati’s die Burg Hardegg bereits 1945, davor war sie im Besitz von zahlreichen Familien – Plainer, Maidburg und Prüschenk, um nur einige zu nennen. Mit Johann Carl v. Khevenhüller-Metsch war es auch ein Vorfahre der Pilati, der die Burg nach einem Großbrand 1764 Ende des 19. Jahrhunderts wieder aufbauen ließ – eine entflammte Pulvermühle sorgte demnach damals für Verwüstungen in der Stadt, die Kernbauten der Burg Hardegg wurden daraufhin abgetragen, um die örtliche Bevölkerung mit Baumaterial zu versorgen.

Die Entfernung von Dachstühlen und - balken, Holzböden sowie Türen und Fenstern ließen die mächtige Anlage zu jener Zeit mehr und mehr zur Ruine verkommen. Der Verfall der Burganlage im 18. Jahrhundert ist auf Beschilderungen ausführlich beschrieben, etwa im oberen Geschoss der Kapelle sind mehrere Erklärungstafeln zu sehen.

Burg Hardegg - Ahnensaal

Der hier abgebildete Ahnensaal ist nur einer von vielen Räumlichkeiten in der Burg, zu sehen sind etwa auch eine Burgkapelle, eine Winterküche und ein Rittersaal.

Im Ahnensaal ist beispielsweise auch ein Familienbaum illustriert, doch in vielen Räumen der Burg müssen sich die Besucherinnen und Besucher selbst zurechtfinden. „Ich finde es toll, dass nicht alles bis ins kleinste Detail beschrieben wird – das macht zusammen mit den altbelassenen Wegen den Charme dieser mittelalterlichen Burg aus“, erklärt mir eine Besucherin aus Wien.

Für viele ein Wiedersehen

Andere Gruppen würden sich durchaus mehr Erklärung in Form von Beschilderungen wünschen, wie mir etwa eine Familie aus Krems erzählt. Alles in allem überwiegt aber die Freude, dass die Burg endlich wieder geöffnet hat – „Für zwei Wochen, die Chance musste ich einfach nutzen“, erklärte mir ebenfalls ein Wiener. Für ihn war es ein Wiedersehen, er war bereits vor etwa 30 Jahren hier zu Besuch.

Es bleibt zu hoffen, dass es noch zu vielen Wiedersehen dieser Art kommt. Wenn es nach dem Burgheeren Pilati geht, ist das gut möglich – man wolle jetzt erstmal sehen, wie gut der „Burgsommer“ angenommen wird. Eine Fortführung der Burg als Tourismusattraktion sei nur dann denkbar, rentabel sei sie ohnehin nicht. "Der finanzielle Aspekt ist auch nicht mein Antrieb“, betont Octavian Pilati.

Burg Hardegg - einer von zwei Türmen der Burgfeste

Die Burg Hardegg entstand um 1100 als Grenzfeste der Grafen von Plain, das Mittelalter originalgetreu überlebt haben aber tatsächlich nur die beiden Türme - der Bergfried und der Westturm. Beide sind aktuell nicht zugänglich.

Der Start des Versuchsprojekts ist zumindest mal ein erfolgreicher, schon in den ersten Stunden des Eröffnungstags sind insgesamt mehrere hundert Personen durch das Burggeländer geschlendert, wie ich bei meinem Lokalaugenschein selbst feststellen konnte.

Noch bis 24. August offen

Eine Besichtigung der Burg Hardegg kostet laut Website aktuell 9,50 Euro für Erwachsene und 6,50 Euro für Kinder von sechs bis 15 Jahren. Für Menschen mit Behinderung, Senioren, Schüler, Studierende und Zivildiener gibt es Ermäßigungen. Geöffnet ist täglich von 10.00 bis 16.00 Uhr.

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