Ungeklärte Rolle des Geburtshelfers der Commerzialbank

Ungeklärte Rolle des Geburtshelfers der Commerzialbank
Der U-Ausschuss fand auf die zentrale Frage keine Antwort / Geschädigte sehen Bund mehr in der Pflicht

Ein halbes Jahr tagte der von ÖVP, FPÖ und Grünen beantragte Untersuchungsausschuss zur Commerzialbank. 63 Zeugen wurden befragt, darunter die Ex-Bankchefs Martin Pucher und Franziska Klikovits. Nach Ostern liegt der Ausschussbericht vor.

Was sollte der U-Ausschuss klären?

Die Übernahme der Revisionsbefugnis für die Muttergenossenschaft der Bank durchs Land im Jahr 1994 und wie das Land die Aufsicht bis zum Ende der Bank 2020 wahrgenommen hat; Geschäftsbeziehungen von Land und Gemeinden mit der Commerzialbank sowie Bankgründer Pucher; Sponsorings, Fußballtickets und Geschenke an Landes- und Gemeindepolitiker und allfällige Gegenleistungen; Mögliche Zusammenhänge zwischen der Novelle zum kleinen Glücksspiel und Zuwendungen von Glücksspielunternehmen an Politiker; Ehrenzeichen des Landes für Pucher und Anstellung eines Ex-SVM-Trainers beim Land; Informationsfluss vor Schließung der Bank, wer wann davon erfahren hat und daraus etwaige Vorteile zog; Auswirkungen der Pleite auf Land, Unternehmen und Gemeinden, besonders Mattersburg.

Wichtigste Resultate?

Warum das Land nach Abgang (oder Rauswurf) Puchers von Raiffeisen als Aufsichtsbehörde für die Muttergenossenschaft der Bank eingesprungen ist und damit indirekt Geburtshelfer der späteren Pleitebank wurde, blieb unklar. Wollte das rote Land der schwarzen Raiffeisenbank eins auswischen, indem es einem Konkurrenten half? Karl Stix, damals Landeshauptmann, starb 2003. Noch lebende Politiker und Beamte der Zeit konnten oder wollten sich nicht erinnern.

Was der Ausschuss klärte: Die rot-schwarzen Regierungen bis 2015 interessierten sich weder für die Genossenschaft noch für die Bank. Auf dem Papier war der Wirtschaftslandesrat (ÖVP) zuständig, in der Realität der Finanzlandesrat (SPÖ). Mit der Prüfung der Genossenschaft hatte das Land externe Wirtschaftsprüfer beauftragt (diese prüften auch die Bank). Ein Jurist der Finanzabteilung, der die jährlichen Berichte zur Genossenschaft auf Ungereimtheiten prüfte – und keine fand – erinnerte sich: 2015 wollte das Land die Aufsicht loswerden. „Warum soll ich austreten“, fragte Pucher. Damit war die Sache erledigt, die Aufsicht blieb beim Land.

Ob das Land aus dieser Aufsicht eine (Mit)-Schuld am Desaster trifft, war Zankapfel zwischen SPÖ und ÖVP. Die SPÖ sagte Nein und bot den Sachverständigen Herbert Motter zweimal als Zeugen auf. Die ÖVP meinte Ja und legte ein Gutachten von Nicolas Raschauer vor, auf eine Ladung verzichtete sie.

Und sonst?

Breiten Raum nahmen Geschenke an Politiker ein, nachdem SPÖ-Landesrat Christian Illedits im August zurückgetreten war, weil er zum 60. Geburtstag 2018 von Pucher ein Goldplättchen zum heutigen Wert von 5.400 Euro erhalten hatte. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittelt auch gegen Bürgermeister wie Mattersburgs Ingrid Salamon (SPÖ) oder Zemendorfs Josef Haider (ÖVP). Dass es für Präsente (Salamon dementierte solche) Gegenleistungen gegeben hätte, konnte vom Ausschuss ebenso wenig nachgewiesen werden wie beim Sponsoring der Novomatic-Tochter Admiral für Illedits‘ Heimatklub ASV Draßburg. Geladen waren auch Ex-Landeshauptmann Hans Niessl und dessen Nachfolger Hans Peter Doskozil (SPÖ). Niessl wies Puchers Behauptung von Goldgeschenken zurück, alle Geburtstagsgeschenke seien in einen Sozialfonds geflossen. Doskozil und FMA-Chef Helmut Ettl waren uneins über den Informationsfluss vor dem Bank-Crash.

Fernwirkung des Ausschusses?

Viel gewichtiger als der politische Ausschuss ist die rechtliche Klärung der Schuldfrage bei der Pleite mit 870 Millionen Euro Schaden. Weil sich die Ex-Bankchefs Pucher und Franziska Klikovits, die sich selbst angezeigt haben und Hauptbeschuldigte im Ermittlungsverfahren der WKStA sind, in Privatkonkurs befinden, wollen sich geschädigte Ex-Kunden der Bank an der Aufsicht schadlos halten. Für die Bankenaufsicht (Finanzmarktaufsicht, Nationalbank) ist der Bund zuständig, für die Kontrolle der genossenschaftlichen Bankmutter das Land. Wie sehen das die Geschädigten? Rund 15 Klagen gegen die Republik steht eine Klage gegen das Land gegenüber.

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