Ruster Winzerin kämpft auf internationaler Ebene für den Süßwein

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Heidi Schröck überzeugte beim internationalen Süßweingipfel mit leidenschaftlichem Appell für mehr Mut zur Süße.

Von Michael PekovicsBeim internationalen Süßweingipfel „Late Harvest United“ auf Schloss Johannisberg im deutschen Rheingau erlebte die Ruster Winzerin Heidi Schröck einen besonderen Moment: Gemeinsam mit führenden Produzenten aus den berühmtesten Süßweinregionen der Welt – Tokaj, Sauternes, den deutschen Flusstälern und dem Burgenland – präsentierte sie ihre Weine und plädierte für ein neues Bewusstsein im Umgang mit Süßwein. Ihre Botschaft war deutlich: Süßwein verdient ein Comeback.

„Große Anerkennung“

„Tokaj, Sauternes, die deutschen Flusstäler und Rust: In dieser Liste genannt zu werden, ist eine große Anerkennung für den Süßwein vom Neusiedler See“, sagte Schröck nach der Veranstaltung. Für sie war die Einladung nach Schloss Johannisberg eine besondere Ehre – zumal das traditionsreiche Weingut in diesem Jahr 250 Jahre Spätlese feierte. Das Symposium brachte rund 70 internationale Fachgäste und fünf Spitzenweingüter zusammen.

Gastgeber Schloss Johannisberg servierte als besonderen Höhepunkt den „Ex-Bibliotheca Cuvée 100“ – eine Rarität, die die besten Spätlesen der Jahre 1915 bis 2015 vereint. Neben Schloss Johannisberg waren zwei weitere Ikonen der Süßweinkultur vertreten: Château Suduiraut aus Sauternes und Disznókő aus Tokaj.

„Dort gehören wir hin“

Für Schröck war das nicht nur eine Auszeichnung, sondern auch eine Bestätigung jahrzehntelanger Arbeit: „Als wir 1991 den Cercle Ruster Ausbruch, den Vorgänger-Club des heutigen Ruster Ausbruch DAC, gegründet haben, war genau das unser Traum – an einer Tafel mit den bedeutendsten Süßweinregionen der Welt zu sitzen. Dort gehören wir hin.“

Im zweiten Teil der Veranstaltung, der unter dem Motto „Sweet Wine & Fine Dining“ stand, rückte die Verbindung von Süßwein und Kulinarik in den Mittelpunkt. Heidi Schröcks Beerenauslese „Anthologie“, eine Cuvée aus den Jahrgängen 2014 bis 2022, wurde zu gegrillter Tristan-Languste mit Urkarotte und Chicorée serviert.

Schröck nutzte die Gelegenheit, um mit einem verbreiteten Missverständnis aufzuräumen: „Süßer Wein zu üppigen Nachspeisen ist eine Themenverfehlung. Die Süße des Weines als Kontrast zur Bitterkeit der Olive oder des Chicorées, zu salzigen Meeresfrüchten oder würzigen Currys funktioniert hervorragend.“ In der Spitzengastronomie, so ihr Appell, sollte Süßwein wieder häufiger als Speisenbegleiter eingesetzt werden – nicht als bloßes Dessertfinale, sondern als Teil des Menüs.

Auch global betrachtet ist Süßwein heute kein Massenprodukt, sondern eine feine Nische für Kenner. Während in China, den USA, Großbritannien, der Schweiz oder Skandinavien eine wachsende Nachfrage zu beobachten ist, bleibt der Absatz in Mitteleuropa überschaubar. Doch gerade diese Exklusivität mache den Reiz aus, betont Schröck: „Der Süßwein hat völlig zu Unrecht ein Imageproblem. Wenn man die Leute erst einmal probieren lässt, ist die Mehrheit begeistert – und die Flasche meist schnell leer.“

Rust und die Titanic

Paradebeispiel ist der Ruster Ausbruch, ein Süßwein mit jahrhundertealter Geschichte. Bereits 1479 urkundlich erwähnt, galt das „flüssige Gold“ vom Neusiedler See als Wein der Kaiser und Könige. So soll Kaiser Leopold I. Rust im Tausch gegen einige Fässer Ausbruch den Titel „Freistadt“ verliehen haben. Selbst auf der Titanic befanden sich Flaschen dieses Weins – ein Symbol für seinen internationalen Rang.

Was den Charakter der Weine vom Neusiedler See ausmacht, ist das Spiel aus Süße und Säure. Der hohe Restzucker verleiht Dichte und Struktur, eine frische, lebendige Säure sorgt für Balance. Um die Vielfalt des Süßweins einem breiteren Publikum zugänglich zu machen, hat Heidi Schröck gemeinsam mit ihren Söhnen Georg und Johannes ein Genuss-Set entwickelt: Drei ausgewählte Weine und vier passende Rezepte, die zeigen, wie vielseitig Süßwein in der Küche eingesetzt werden kann. Die Empfehlungen der Familie Schröck sind auf ihrer Website abrufbar.

Das Weingut Heidi Schröck & Söhne bewirtschaftet zehn Hektar Rebfläche am Westufer des Neusiedler Sees. Die Familie blickt auf eine über 300-jährige Weinbautradition zurück. Seit 1983 führt Heidi Schröck den Betrieb und gilt als Pionierin des modernen Ruster Süßweins. Ihr Herz schlägt für den Furmint, die wichtigste Sorte der Storchenstadt Rust, und natürlich für den Ruster Ausbruch DAC – jenen Wein, der laut der Expertin wie kein anderer die süße Seele des Burgenlandes verkörpert.

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