Staatsvertrag: Als der Ruster Blaufränkisch serviert wurde

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Lange Zeit ging man davon aus, dass bei der Unterzeichnung des österreichischen Staatsvertrages ausschließlich Wachauer Wein gereicht wurde.

Als am 15. Mai 1955 im Schloss Belvedere der österreichische Staatsvertrag unterzeichnet wurde, wurde Geschichte geschrieben. Nicht nur politisch, sondern auch im Weinglas: Denn beim Festbankett wurde ein Ruster Blaufränkisch serviert.

Vinifiziert hatten ihn die Schwestern Karola Kraft und Ella Leuthner-Kraft, zwei Pionierinnen, die in einer Zeit dominierten, in der Frauen im Weinbau noch Seltenheit waren.

Karola Kraft

Ella Leuthner-Kraft und ihre Schwester Karola Kraft vinifizierten den Ruster Blaufränkisch, der bei der Unterzeichnung des Staatsvertrages im Jahr 1955 kredenzt wurde. 

Die beiden stammten aus einer bekannten Ruster Winzerfamilie, waren in Modra, einem traditionsreichen Weinbauzentrum in der heutigen Slowakei, ausgebildet worden und übernahmen gemeinsam das elterliche Weingut. Früh setzten sie auf Qualität, Lagenbewusstsein und auf den charaktervollen Blaufränkisch als Bekenntnis zum Herkunftswein. Ihr Jahrgang 1953 galt als tiefgründig, feingliedrig und zugleich kraftvoll.

Alles kein Zufall

Dass dieser Wein beim Staatsvertrag eingeschenkt wurde, war wohl eher kein Zufall. Denn offenbar setzte sich der Außenminister und ehemalige Bundeskanzler Leopold Figl, seit den 1930er-Jahren freundschaftlich mit der Familie verbunden, bei der Weinauswahl durch. 

Fahnen der Ruster Weinbauern

Eine Anfrage des Ruster Weinbauvereins im Staatsarchiv brachte Klarheit: Der Blaufränkisch aus Rust war tatsächlich Teil des Staatsbanketts – und nicht nur einer begleitenden Matinée.

Schon zuvor hatte er im Jahr 1951 bei den Feierlichkeiten zum 30-jährigen Bestehen des Burgenlandes mit Ruster Blaufränkisch angestoßen. Der Wein wurde so schon damals zu einem stillen Botschafter, der für Herkunft, Charakter und Selbstbewusstsein stand.

Anfrage im Staatsarchiv

Lange Zeit ging man davon aus, dass bei der Unterzeichnung des österreichischen Staatsvertrages ausschließlich Wachauer Wein gereicht wurde.

Dokument aus dem Staatsarchiv.

Dokument aus dem Staatsarchiv.

Erst eine Anfrage des Ruster Weinbauvereins im Staatsarchiv brachte Klarheit: Der Blaufränkisch aus Rust war tatsächlich Teil des Staatsbanketts – und nicht nur einer begleitenden Matinee.

„Ruster Herbst Zeitlos“

Sieben Jahrzehnte später erinnert man sich nicht nur an das politische Ereignis, sondern auch an die Rolle, die der burgenländische Wein spielte. Beim „Ruster Herbst Zeitlos“ laden die Winzerinnen und Winzer am 24. und 25. Oktober zu Verkostungen und Veranstaltungen. In den Restaurants Hofgassl und Niki am Hafen wird zudem ein Galamenü angeboten, bei dem mit einem Glas Ruster Blaufränkisch auf die Geschichte Österreichs angestoßen werden kann.

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