Landtag könnte wilder werden
Als die SPÖ im Herbst 2014 die Ergebnisse der „größten Mitgliederbefragung in der Geschichte der Sozialdemokratie“ im Burgenland präsentierte, stand vor allem eine Zahl im Zentrum: 88,9 Prozent der teilnehmenden Parteimitglieder hatten befürwortet, dass die SPÖ-Spitze nach der Landtagswahl 2015 mit allen Landtagsparteien Gespräche über eine mögliche Zusammenarbeit führen kann.
Das wurde als Öffnung hin zur FPÖ verstanden – und tatsächlich bildeten Rot und Blau einige Monate später eine Koalition und schockierten die Bundes-SPÖ.
Dieses Mal wollte es die SPÖ ganz genau wissen. Gefragt wurde nicht nur, ob nach der Landtagswahl am 26. Jänner 2020 mit allen Landtagsparteien „eine Koalition“ gebildet werden könne (77 Prozent Ja-Stimmen), sondern auch der Lieblingspartner sollte genannt werden. Diese Daten wollten SPÖ-Landesgeschäftsführer Roland Fürst und SPÖ-Vizechefin Astrid Eisenkopf am Freitag nicht preisgeben. Das bleibe dem Landesparteitag am kommenden Samstag in Raiding vorbehalten.
Generell meinte Fürst, das Ergebnis sei „ein wichtiger Hinweis für unsere Verhandlungen“.
Dem Vernehmen nach sollen die Blauen für SPÖ-Mitglieder erste Wahl sein.
Thematisch genießen bei der roten Basis nach wie vor „Arbeitsplätze“ höchste Priorität (86 Prozent). Die aktuellen roten Steckenpferde Mindestlohn (60 Prozent) und Biowende (42 Prozent) liegen deutlich zurück.
Rund 12.300 Parteimitglieder konnten ihre Meinung kundtun. 53,6 Prozent haben mitgemacht. Zwei Drittel davon sind Männer und 67 Prozent aller Teilnehmer älter als 50 Jahre. In diesen wenigen Daten spiegeln sich schon viele Probleme der Traditionspartei. Die Zahl der Mitglieder sinkt rapide (vor 10 Jahren waren es 16.500 vor 20 Jahren noch mehr als 20.000), die Partei leidet an Überalterung und am Wort sind meist Männer.
Männlicher Dominanz kommt auch ein Element zugute, das nach der ÖVP nun auch die SPÖ forciert (78 Prozent dafür): Beide lassen in den Regionalwahlkreisen ausschließlich die Zahl der Vorzugsstimmen über den Einzug in den Landtag entscheiden. Fürs Stimmensammeln sind Männer aber nicht nur besser vernetzt, sondern sie haben meist auch viel mehr Zeit dafür als Frauen.
Weil das Vorzugsstimmenmodell durchs geltende Gesetz nicht gedeckt ist, mussten Kandidaten von Rot und Türkis vor der Listenerstellung unterschreiben, sich an diese interne Regelung zu halten. Garantie ist das keine: Wem laut Wahlordnung ein Mandat zusteht, der kann nicht zum Verzicht gezwungen werden. Möglich, dass im künftigen Landtag mehrere wilde Abgeordnete sitzen, die lieber aufs Parteibuch als auf ihr Mandat verzichten.
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