Verantwortung vs. Schmerzen
Natürlich habe es geschmerzt, die älteste Buchhandlung des Landes zu verkaufen. Aber er sei auch froh, Belastung und Verantwortung nicht mehr tragen zu müssen und nicht in Versuchung zu geraten, seinen Kindern dereinst beides aufzuhalsen.
Die Firma habe Corona trotz anfänglich ärgster Befürchtungen zwar wirtschaftlich gut überstanden, aber die 12-Stunden-Tage hätten sehr an seiner und der Substanz seiner Familie gezehrt, bekennt Lattner.
Gespräch im Garten
Und: Die Zeiten für lokale Buchhändler würden immer schwieriger und arbeitsreicher. Soll er sich künftig auch um Influencer, Podcasts und andere absatzsteigernde Maßnahmen kümmern? „Das bin ich nicht“, schüttelt Lattner den Kopf.
Als Thalia vor einem Jahr bei ihm anklopfte, habe er mit seiner Frau beschlossen, „sich das einmal anzuhören“. Vom ersten Gespräch an, das in seinem Garten geführt wurde, habe sich das „gut angefühlt“, zumal der neue Eigentümer alle 16 Nentwich-Mitarbeiter übernimmt.
Über den Kaufpreis wird geschwiegen, mit dem Burgenland erobert Thalia das letzte Bundesland.
Nentwich lebt weiter
„Richtig gefreut haben wir uns nicht“, sagt Gunter Drexler zum Deal. Der Pinkafelder, dessen Buchhandlung Desch-Drexler seit 1937 besteht, ist auch Obmann der Buch- und Medienwirtschaft in der Wirtschaftskammer. Landesweit gebe es nur noch eine Handvoll eigentümergeführter Buchhandlungen.
Wenn die Entwicklung so weiter gehe, „kann‘s passieren, dass es irgendwann keine mehr gibt“, befürchtet Drexler. Mit dem Ansinnen einer Senkung der Mehrwertsteuer von zehn auf fünf Prozent sei man bisher nicht durchgedrungen.
Was macht Norbert Lattner in Zukunft? Ein Jahr lang berät er die neuen Eigentümer Thalia, in erster Linie macht er aber sein bisheriges Nebengeschäft zur Hauptsache: Das Merchandising für Veranstaltungen im Römersteinbruch, auf der Seebühne Mörbisch und bei Festivals von Ewald Tatar. All das unter dem Firmennamen Nentwich. Lattner: „Das habe ich meiner Mutter versprochen.“
„Das Buch wird nicht aussterben“
Steinberg-Dörfl: Der 31-jährige Felix Emmer hat die Buchhandlung von seiner Mutter übernommen
Dass er einmal Buchhändler werden würden, war nicht geplant. Felix Emmer hat Wirtschaftsinformatik studiert, danach war er in der IT-Branche tätig. „Als meine Mutter gefragt hat, ob ich das Geschäft übernehmen will, habe ich gleich ja gesagt“, schildert der 31-Jährige. Den Sprung ins kalte Wasser habe er nie bereut. Von seiner Mutter Herta Emmer hat er vor rund vier Jahren die „Buchwelten“ in Steinberg-Dörfl übernommen. Etwa 6.000 Buchtitel finden Kunden in seinem Geschäft.
Der stationäre Handel allein sei aber zu wenig. Auch bei Emmer können alle Bücher online bestellt werden und an Wochenenden ist er mit Büchertischen bei Veranstaltungen. Auch in Schulen und Kindergärten bietet er Lektüre an. „Wir bieten persönliches Service und sind nicht teurer als Amazon“, sagt Emmer.
„Meine Kunden möchten auch, dass das Geld im Burgenland beziehungsweise im Bezirk bleibt“. Prophezeiungen, das Buch habe mangels Leser bald ausgedient, erteilt er eine Abfuhr: „Das wurde in den vergangenen 50 Jahren tausendmal behauptet, aber das Buch wird auch in Zukunft nicht aussterben.“
Mitarbeit: Claudia Koglbauer
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