Doris Treitler: Stoff geben bis zum Energy Globe Award
„Ich nähe, seit ich denken kann.“ Schon als Kind hat Doris Treitler ihrer Mutter beim Schneidern über die Schultern geschaut. Die Liebe zu Nadel und Zwirn liegt vermutlich im Blut: Schon Treitlers Urgroßvater war Schneider in Schattendorf.
„Früher hat es in fast jedem Haushalt eine Nähmaschine gegeben. Gewand zu kaufen war teuer, da hat man sich eben selber etwas geschneidert. Heute ist das genau umgekehrt“, sagt Treitler.
Aus Mangel an Stoffen habe sie in Kindertagen aus alten Leintüchern Kleider für ihre Puppen genäht. Als 17-Jährige verkaufte sie sogar ihre Vespa, um eine Nähmaschine zu erwerben. Den Faden zu ihrer großen Leidenschaft hat die heute 50-Jährige aus Bad Sauerbrunn nie verloren. Im Gegenteil. Die Wiederverwertung gebrauchter Textilien und alter Stoffe ist für sie aktueller denn je.
Wie das kam? „Es war 2016 bei einem Urlaub in Dänemark“, erzählt Treitler, die im Brotberuf Beamtin ist. Auf einigen der vielen Garagen-Flohmärkte habe sie Bettwäsche und Tischtücher entdeckt, die unter anderem aus den 1970er-Jahren stammten.
„Das hat mich inspiriert und ich bin mit etlichen Stoffen im Gepäck nach Hause zurückgekehrt.“ Da kam Treitler die Idee, daraus Taschen zu nähen – das Projekt „Fadenspiel“ war geboren.
Mittlerweile hat sie das Repertoire für das textile Upcycling ausgeweitet. Aus den Stoffen, die sie auf Flohmärkten erwirbt, oder die sie geschenkt bekommt, fertigt die kreative Wahl-Burgenländerin u. a. Rucksäcke, Kosmetiktascherl, Hüte, Schürzen und Stofftiere an.
Dass das Thema Nachhaltigkeit für sie kein Modewort ist, das stellt Treitler immer wieder unter Beweis: Sie trägt selbst nur mehr Second-Hand-Kleidung bzw. schneidert sich aus alten Stoffen neue Gewänder auf den Leib. „Das kennen wohl die Meisten: Man kauft sich ein neues Kleidungsstück, zieht es nicht an und es wird weggeschmissen. Auch mir ist es so ergangen und das wollte ich ändern.“
Ihre Philosophie gibt Treitler seit zwei Jahren auch an Kinder weiter.
Bei ihren Nähworkshops zeigt sie den jungen Teilnehmern – darunter immer mehr Burschen – wie man einen Knopf annäht oder ein Kleidungsstück kürzt. „Kinder sollen das Bewusstsein bekommen, das man nicht alles gleich wegwerfen muss, sondern dass man es auch reparieren kann.“
In der (Kleinst-)Gruppe, können die Kids ihrer Kreativität freien Lauf lassen. Genäht wird, wozu man Lust hat. „Ich habe da keine genauen Vorgaben und es muss auch nicht perfekt sein. Mir ist es wichtig, dass die Kinder Freude am Nähen haben.“ Treitlers 2019 erschienenes Buch „Johanna und die Nähmaschine“ handelt übrigens von einem Mädchen, das durchs Nähen lernt, dass aus alten Dingen etwas schönes Neues entstehen kann.
"Ressourcenschonende Lebensweise"
Für ihr „Herzensprojekt“ mit der Intention der Wiederverwertung und ihrer „Vermittlung einer ressourcenschonenden Lebensweise“ wurde die 50-Jährige ausgezeichnet: In Stegersbach bekam sie als Gesamtsiegerin für das Burgenland den Energy Globe Award (siehe Zusatzbericht).
„Ich habe nicht auf diese Auszeichnung hingearbeitet. Das Projekt ist aus meinem Herzen heraus entstanden“, sagt die Gewinnerin. Sie sei von Energy Globe eingeladen worden, ihr „Fadenspiel“ als Projekt einzureichen. „Das habe ich als große Wertschätzung für meine Arbeit empfunden.“
Wertschätzung bringt Treitler ihren Mitmenschen auch immer wieder entgegen: Die Erlöse ihrer Stoff-Flohmärkte kommen stets jenen zugute, die Unterstützung bedürfen.
www.fadenspiel.info
Energy Globe Award
Der Preis wurde 1999 vom Österreicher Wolfgang Neumann gegründet. Der international bekannte Umweltpreis zeichnet jedes Jahr herausragende, nachhaltige Projekte mit Fokus auf Ressourcenschonung, Energieeffizienz und Einsatz erneuerbarer Energien aus. Ziel der Auszeichnung ist es, innovative und nachhaltige Projekte der Öffentlich- keit zu präsentieren und das Bewusstsein dafür zu steigern. Der Energy Globe Award wird
als regionaler Preis in allen Bundesländern gemeinsam mit Partnern vergeben.
Burgenlands Gewinner
Beim Energy Globe Award in Stegersbach wurden neben Doris Treitler weitere sieben Projekte ausgezeichnet
Jugend
Die VS Mörbisch hat mit einem von den Schülern angelegten Garten gewonnen
Erde
Mit Papier- statt Plastikverpackungen konnte die Güssinger Firma Wolf Nudeln punkten. Monika Berger aus Weppersdorf überzeugte mit ihre Second-Hand-Laden „Alles oder nix“
Feuer
Das Europäische Zentrum für Erneuerbare Energie in Güssing vermittle laut Jury Wissen und Innovation
Nachhaltige Gemeinden
Gewonnen hat Hornstein und zwar gleich zwei Mal: Mit dem E-Ortsbus und der Baumpatenschaft. Die Gemeinde Ollersdorf wurde u. a. wegen ihrer Fotovoltaik-Bürgerbeteiligung ausgezeichnet. Deutsch Kaltenbrunn gewann mit dem „Energietag“
www.energyglobe.at/burgenland
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