Aarhus, die dänische Metropole an der Ostseeküste, ist Kulturhauptstadt 2017. Diese architektonischen Highlights sollte man bei einem Besuch keinesfalls verpassen.
Der Anfang ist gemacht: Vergangenes Wochenende erteilte Königin Margarete den offiziellen Startschuss für das Projekt "Aarhus 2017". Die zweitgrößte Stadt Dänemarks teilt sich mit dem zypriotischen Paphos den Titel Kulturhauptstadt 2017 und lockt nicht nur mit einem reichhaltigen Veranstaltungsangebot in die Hafenstadt am Kattegat. Im Nordosten von Jütland gelegen, gerade mal zwei Autostunden von der deutschen Grenze entfernt, zählt Aarhus rund 300.000 Einwohner. Dass es hier mehr zu entdecken gibt als dänische Idylle mit farbig gestrichenen Häusern, wie etwa im Szeneviertel Latin Quarter, belegt der Besuchermagnet ARoS – allen voran der Regenbogen-Rundgang, den der dänisch-isländische Künstler Ólafur Elíasson auf dem Dach installierte. In 50 Meter Höhe genießt man ein unvergleichliches Panorama und erhält einen guten Überblick über die Viertel der Stadt.
Mehr als 400 Events, darunter Konzerte, Theaterstücke und Festivals, sind für das Jahr geplant
Zu den aufstrebendsten Quartieren zählt der ehemalige Containerhafen, der Schritt für Schritt in das neue Wohnviertel Aarhus Ø umgebaut werden soll. Mit dem Projekt ø-haven erwacht das Areal zu neuem Leben. Wo ursprünglich ein Hochhaus entstehen sollte, sprießen heute Radieschen, Gurken und Salat. 250 Hobbygärtner greifen auf dem Areal begeistert zu Schaufel und Spaten. Zwischendurch gehen sie baden, denn im Sommer wird ein offenes Hafenbecken zur Schwimmbahn. Der Beachclub Strandbaren lädt unterdessen zum Volleyball-Match und mobile Bars machen sich in kleinen Baulücken breit. Architektonischer Glanzpunkt des Quartiers ist das Wohnprojekt Isbjerget: Wie Eisberge ragen die hellen Komplexe in die Höhe und stemmen sich gegen die Wellen der Ostsee. Unweit davon öffnete Dokk1 erst kürzlich seine Pforten: Der polygonale Bau aus Beton und Glas beherbergt Skandinaviens größte öffentliche Bibliothek. Dabei geht es nicht nur um Bücher: Ein Tonstudio, 3-D-Drucker, ein Reparaturcafé mit Nähmaschinen und ein Familienbereich machen die Bibliothek zu einem Medien-Zentrum, das dem digitalen Zeitalter mit großer Zuversicht entgegenblicken kann.
Auf dem Dach des Kunstmuseums ARoS (von Schmidt Hammer Lassen Architects) kann man durch einen Regenbogen laufen: „Rainbow Panorama“ stammt vom dänisch-isländischen Künstlers Ólafur Elíasson. Es handelt sich um einen 150 Meter langen Rundgang, dessen getönte Glasscheiben den Eindruck erwecken, als befände man sich im Inneren eines Regenbogens. Der kreisrunde Laufsteg in 50 Meter Höhe bietet einen spektakulären Rundumblick auf die Hafenstadt. Im Juni und Juli ist das Museum Ausgangspunkt einer vier Kilometer langen Kunstmeile, die sich durch das Zentrum und entlang der Ostseeküste erstreckt.
Das 1982 erbaute Konzerthaus, das dem Kunstmuseums ARoS direkt gegenüberliegt, ist im Jahr 2008 von dem renommierten dänischen Architekten C.F. Møller erweitert worden. Der Anbau beherbergt einen neuen Sinfoniesaal, einen Saal für rhythmische Musik sowie mehrere neue Kammermusiksäle. In Staunen versetzt das 2000 Quadratmeter große verglaste Foyer: Es ist von Sonnenlicht durchflutet und lädt mit Palmen, alten Olivenbäume, vielen Kunstwerken zum Verweilen ein.
Zwischen Innenstadt, Hafen und Hauptbahnhof liegt das 2015 fertiggestellte „Dokk1“ – Skandinaviens größte Bibliothek. Der 30.000 große Bau der Kopenhagener Architekten Schmidt Hammer Lassen beherbergt nicht nur Bücherwände: Auch ein Bürgerzentrum, eine eigene Straßenbahnhaltestelle und Parkplätze für 1000 Autos sowie für 450 Fahrräder finden Platz. Zusätzliche Einrichtungen machen die Stadtbibliothek zum urbanen Medienraum: Darunter ein „Reparatur-Café“, „Maker Spaces“ und ein Familienbereich, wo Kinder auf digitalen Fußballplätzen hüpfen, an Konsolen spielen und immer dann ein Gong ertönt, wenn ein Neugeborenes in Aarhus zur Welt kommt.
Statt neuer Ressourcen nutzt Aarhus Vorhandenes: Der stillgelegte Güterbahnhof „Godsbanen“ liegt hinter dem Kunstmuseum ARoS und dient heute als interdisziplinäre Spielstätte für Kulturproduktionen. Die alten Hallen, die zum Teil noch aus den 1920er-Jahren stammen, beherbergen offene Werkstätten, Theater, Kinos, Künstlerateliers, Übungsräume und die „Aarhus Folkekøkken“ – eine Kantine, die Gäste jederzeit willkommen heißt.
Ein imposanter Vertreter der dänischen Moderne: Das Rathaus ist eines der Hauptwerke der dänischen Architekten Arne Jacobsen und Eric Møller. Das von 1938 bis 1941 errichtete Gebäude ist mit norwegischem Marmor verkleidet und besticht mit einem Interieur im Design der 30er- und 40er-Jahre. Der 60 Meter hohe Turm mit seinem Glockenspiel und der mächtigen Uhr soll aber ursprünglich nicht vorgesehen gewesen sein: Jacobsen soll ihn auf Wunsch einiger einflussreicher Lokalpolitiker hinzugefügt haben.
Der etwa ein Quadratkilometer große frühere Containerhafen soll in den kommenden Jahren zum Wohnviertel Aarhus Ø ausgebaut werden. Doch bei Stadtentwicklung setzen die Dänen auf Nachhaltigkeit: Wo eigentlich schicke Wohnhäuser entstehen sollten, erstreckt sich nun an der äußersten Spitze des Viertels Skandinaviens größter Stadtgarten. Ein anderer Teil wird als Hafenschwimmbad genutzt. Leuchtturmprojekt ist der 2013 fertiggestellte Wohnbau „Isbjerget“ (Eisberg), der mit seiner markanten Form zum neuen Aushängeschild des neuen Stadtteil wurde. Das Umdenken hat sich Aarhus jedenfalls gleich zum Motto gemacht: „Let’s Rethink“ soll das Kulturjahr 2017 bestimmen.
Weck den Wikinger in dir: Das Kunsthistorische Museum lässt die Vergangenheit neu aufleben. Das 2014 eröffnete Gebäude lockt mit archäologischen und ethnografischen Exponaten, modernster audiovisueller Technik, Seminarräumen und einem Café. Das 15.500 Quadratmeter große Bauwerk von Henning Larsen Architects folgt der Neigung des Geländes und ist weitgehend eingegraben. Ein begehbares, begrüntes Dach reduziert den Energieverbrauch und lädt im Winter zum Rodeln bzw. im Sommer zum Picknicken ein.
Future Living Anhand von Ausstellungen, Installationen, Prototypen und Stadtraumprojekten wird aufgezeigt, wie Architektur gesellschaftliche Herausforderungen meistern kann. Ganzjährig in mehreren Gemeinden, www.thearchitectureproject.dk
Urban Instigator Vier renommierte Architekturbüros aus Frankreich, Island und den Niederlanden stellen mit experimentierenden Interventionen unsere Auffassung des Stadtraums auf die Probe. 1. – 14. August, Aarhus Gellerup und Sydhavn, www.urbaninstigator.com
RISING Architecture Week Ein interaktives, biennal stattfindendes Architekturfestival, dessen Schwerpunkt auf den Herausforderungen, Möglichkeiten und Erfahrungen der Bauindustrie liegt. 11. – 15. September 2017, Godsbanen Aarhus, www.risingarchitecture.com
Ronan und Erwan Bouroullec Die Design-Brüder werden inder Kunsthalle Aarhus neue Kamine und Feuerstellen für den Außenbereich vorstellen. Juni/Juli, www.kunsthalaarhus.dk
My Playground Architekten und Kinderspielexperten haben den Spielplatz hinterfragt und eine neue, mobile Umgebung geschaffen, die den Körper in einem hypersinnlichen Umfeld aktiviert. Von April bis November in vier dänischen Städten, www.aarhus2017.dk