WWF: "Ballungszentren werden zu Backöfen"
Die erste Hitzewelle des Jahres rollt mit bis zu 35 Grad Celsius auf Österreich zu. Angesichts der hohen Temperaturen warnt der WWF Österreich vor den gesundheitlichen Folgen der Bodenversiegelung - denn unter den hohen Temperaturen leiden vor allem Menschen in stark versiegelten Gebieten. „Unverbautes Grünland, Wälder und Flüsse sind wie eine riesige Klimaanlage. Parkplätze, Straßen, Gewerbeparks und andere verbaute Flächen zerstören diese Gratisleistung der Natur. Gerade dicht verbaute Ballungszentren werden während Hitzewellen zu regelrechten Backöfen, die unsere Gesundheit und Lebensqualität belasten“, erklärt Maria Schachinger, Bodenschutzexpertin beim WWF Österreich.
Der WWF fordert deshalb einen verbindlichen Bodenschutz-Vertrag, mit dem sich Bund, Länder und Gemeinden dazu verpflichten, den Flächenfraß auf allen Ebenen zu reduzieren. Österreich hat zuletzt laut Umweltbundesamt im Schnitt der letzten drei Jahre zwölf Hektar Boden pro Tag verbraucht. Knapp die Hälfte davon wird versiegelt, also dauerhaft mit einer wasserundurchlässigen Schicht überzogen. „Insgesamt sind in Österreich bereits rund 235.400 Hektar versiegelt - beinahe die Fläche Vorarlbergs. Anstatt immer mehr wertvolle Böden unter Beton und Asphalt zu begraben, muss die Politik endlich handeln und die für uns Menschen lebensnotwendigen Bodenfunktionen absichern.“
Der hohe Bodenverbrauch hat weitreichende Konsequenzen. So warnte der Umweltmediziner Hans-Peter Hutter in einer Analyse vor der steigenden Gefahr durch sogenannte Hitzeinseln. Sollte die Erderhitzung weiter ungehindert voranschreiten, sei bis 2080 mit einer Verdreifachung der Hitzetoten durch den Hitzeinsel-Effekt zu rechnen. „Besonders ältere Personen und Menschen mit Vorerkrankungen sind gefährdet. Die Politik muss den Ernst der Lage erkennen und unverbaute Grünräume vor dem Flächenfraß schützen. Zusätzlich müssen bestehende Hitzeinseln entsiegelt und begrünt werden“, fordert Maria Schachinger vom WWF. Laut Zentralanstalt für Meteorologie (ZAMG) ist die Anzahl der Hitzetage, an denen das Thermometer nie weniger als 30 Grad anzeigt, in den letzten Jahrzehnten deutlich gestiegen.
Auch Verkehrslärm entwickelt sich durch den Bodenverbrauch zunehmend zur Belastung für die menschliche Gesundheit. Die übermäßige und andauernde Lärmbelastung raubt den Schlaf, erzeugt Stress, und kann zu einer Minderung der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit führen. Im Extremfall kann Lärm sogar zum Risiko für das Herz-Kreislauf-System werden und direkte Schäden des Gehörsinns zur Folge haben. Diese vermehrten psychosozialen Folgen von übermäßiger Lärmbelastung durch Straßenverkehr müssen endlich ernstgenommen und viel stärker beachtet werden. „Die Politik kennt das Problem längst. Nichtsdestotrotz werden laufend neue Schnellstraßen, Parkplatzwüsten und Betonburgen mitten auf der grünen Wiese geplant“, so Schachinger.
Der WWF fordert unter dem Motto „Natur statt Beton“ einen Bodenschutz-Vertrag, der den rücksichtslosen Flächenfraß verbindlich stoppt. Parallel dazu braucht es ein Maßnahmen-Paket von Bund und Ländern zur Ökologisierung des Steuersystems und der Raumordnung sowie eine große Naturschutz-Offensive.