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Nachhilfelehrer: Das Leistungsniveau der Schüler ist gesunken

Das Lernen auf Distanz hat Folgen: Die Leistungen und Lernmotivation der Schülerinnen und Schüler in Österreich sinken - aus verschiedenen Gründen. Das soziale Klassengefüge gerät ebenso durcheinander wie der geregelte Tagesablauf, persönlicher Dialog und individuelles Feedback entfallen oftmals, und der Lernfortschritt kann nicht immer ausreichend gemessen werden. Das sind die wichtigsten Erkenntnisse einer Umfrage, die das Institut Lernquadrat unter Nachhilfelehrern durchführte.

Schwachstellen des Schulsystems

„Die vergangenen Monate legten zudem eine Reihe besonderer Schwachstellen unseres Schulsystems offen, beispielsweise die mangelnde EDV-Ausstattung, zu große Klassengrößen und nicht immer zeitgemäße Lehrpläne“, betonte Lernquadrat-Sprecherin Angela Schmidt anlässlich der Präsentation der Umfrage. Verschlechtert haben sich in Corona-Zeiten auch bekannte Probleme wie die Ablenkung der Schüler durch die sozialen Medien oder die mangelnde Einsicht in den Alltagsnutzen des Lernstoffes. „Immer mehr Druck auf die Schüler ausüben löst diese Probleme aber nicht“, so Schmidt. Vielmehr gelte es gerade in schwierigen Zeiten, den Jugendlichen Zuversicht und Vertrauen zu schenken.

Mäßige Motivation

Rund 60 Prozent der Nachhilfelehrkräfte sind überzeugt, dass sich das Leistungslevel der Schülerinnen und Schüler in Österreich seit Beginn der Corona-Krise verschlechtert hat, quer durch alle Fächer und Schultypen. Lediglich 8 Prozent bemerken eine Verbesserung. Durch reduzierte Leistungsanforderungen, entfallende Prüfungen und den zuletzt nahezu gesicherten Aufstieg in die nächste Klasse habe vor allem die Lernmotivation massiv gelitten. Bereits 53 Prozent der Nachhilfelehrer orten nicht nur Desinteresse am Lernstoff, sondern generell fehlende Einsicht in die Notwendigkeit des Lernens. 59 Prozent sehen Smartphone und Social Media als übermächtige Konkurrenz fürs Lernen; vergleichsweise weniger Sorgen machen hingegen die Themen Schulangst und Überforderung.

Dass der Leistungsdruck abgenommen hat, spürten auch die Nachhilfelehrerinnen- und lehrer. "Während die Monate März bis Mai normalerweise die Zeit ist, in denen wir am meisten Nachfrage im Institut haben, gab es heuer kaum neue Kunden", berichtet Schindler.

Persönlicher Kontakt ist wichtig

„Der regelmäßige persönliche Kontakt zwischen Schülern und Lehrern ist sehr wichtig“, ist Lernquadrat-Expertin Schmidt überzeugt. So sehen das auch 97 Prozent der befragten Nachhilfelehrer. Erst dadurch werde die unmittelbare Beantwortung offener Fragen sichergestellt, ein motivationsförderndes Feedback ermöglicht und die Lernbereitschaft in der Gruppe erhöht. Für 77 Prozent ist der geregelte Tagesablauf das stärkste Argument für den konventionellen Schulbetrieb, 58 Prozent befürchten derzeit Mängel in der Kontrolle des Lernfortschritts.

Auf das Rundherum achten

In Corona-Zeiten rücken auch die Rahmenbedingungen erfolgreichen Lernens verstärkt in den Fokus. Nach Einschätzung der Nachhilfe-Lehrer sind vor allem ein niedriger Geräuschpegel (57 Prozent) und ein gut gelüfteter Raum (49 Prozent) fürs Lernen wichtig. Als hilfreich gelten auch geregelte Lernzeiten, und zwischendurch sollte immer wieder Bewegung gemacht werden. Einig sind sich die befragten Nachhilfe-Experten, dass gerade jetzt Gelassenheit und Selbstvertrauen entscheidend für die Lernbereitschaft sind und plädieren dementsprechend für einen Unterricht mit weniger Angstparolen und mehr Humor.

 

Einen Überblick über „Lernturbos und Lernkiller“ gibt es übrigens als pdf-Broschüre zum Download auf der Website www.lernquadrat.at.