Kurzsichtig durch Smartphone
Von Ingrid Teufl
Nachrichten checken, mit Freunden chatten, mit Handy oder Tablet im Netz shoppen – wir verbringen immer mehr Zeit mit kleinen technischen Geräten. Nun zeigen Studien, dass diese veränderten Gewohnheiten Auswirkungen auf die Augen haben: Besonders bei Kindern und Jugendlichen nimmt Kurzsichtigkeit zu.
Deutsche Ärzte sprechen bereits von einer Epidemie und verweisen auf Daten aus Asien, wo der Smartphone-Konsum in vielen Ländern wesentlich intensiver ist. Dort stieg die Kurzsichtigkeit in den vergangenen Jahrzehnten enorm an. In Südkorea etwa wurden bei mehr als 96 Prozent von 20.000 19-jährigen Rekruten mindestens –0,5 Dioptrien diagnostiziert. Für Europa veröffentlichte erst kürzlich das European Eye Epidemiology Consortium neue Daten. Bereits 47 Prozent der 25- bis 29-Jährigen sind mit mindestens – 0,75 Dioptrien kurzsichtig.
Das Problem wird auch in Österreich wahrgenommen. "Wir sehen in den vergangenen Jahren eine Progression bei Kindern und Jugendlichen. Von einer dramatischen Situation würde ich aber nicht sprechen", sagt die Wiener Augenärztin Helga Azem. Verantwortlich für die Zunahme ist fatalerweise die Fähigkeit des Auges, sich neuen Anforderungen anzupassen: Bei intensivem Nahsehen in sehr jungen Jahren reagiert das Auge mit einem Wachstum des Augapfels. "Diese dauernde Nah-Akkomodation wird wahrscheinlich negative Einflüsse haben", sagt Azem.
Zu wenig Tageslicht
Dazu kommt, dass sich Kinder und Jugendliche heute weniger als früher im Freien bewegen. "Wir wissen aus asiatischen Studien: Kinder, die sich vermehrt in Tageslicht aufhalten, scheinen weniger kurzsichtig zu sein." Ob dies nun der Ausrichtung auf entferntere Dinge geschuldet ist oder dem Tageslicht an sich, ist unklar. "Nach allem, was wir wissen, fördert weniger im Freien zu sein Kurzsichtigkeit", betont Azem.
Dass Kurzsichtigkeit bei Kindern heute häufiger als vor einigen Jahren diagnostiziert wird, hängt auch mit einer erhöhten Sensibilität der Augenärzten zusammen. Einfluss lässt sich nämlich nur nehmen, solange das Auge noch wächst. Kinder täglich an die frische Luft zu schicken, ist eine Möglichkeit. Auch wenn es nicht immer leicht ist, sie dafür zu motivieren, weiß Azem. Eine Studie aus China zeigte, dass bereits eine Stunde im Freien spürbare Effekte auf das Augenwachstum zeigte.
Kontaktlinsen können ebenfalls helfen, die Myopie zu bremsen. "Ich sehe in meiner Praxis, dass Kurzsichtigkeit bei Kindern, die Linsen tragen, weniger zunimmt." Von der Behandlung mit Atropin-Tropfen rät sie allerdings ab. Augenärzte setzen sie vor Untersuchungen ein, um die Pupillen zu weiten. In Asien sind die Tropfen sehr beliebt. "Eine ständige niedrige Dosis soll die Fehlsichtigkeit hemmen." Doch immerhin handelt es sich dabei um ein Medikament. "Risiko und Nutzen stehen da in keinem richtigen Verhältnis."