Runter vom Sofa: So motivieren Sie Kinder für Bewegung
Kinder sind so fit wie Ausdauersportler – das zeigt eine neue Studie, der KURIER berichtete. Doch nutzen sie ihre unermüdlichen Muskeln und die schnellere Erholung nach Anstrengung zu wenig. Stattdessen sitzen sie viel zu viel, warnt die deutsche Stiftung Kindergesundheit. Sportwissenschaftler der Universität Heidelberg haben 4.385 Kinder und Jugendliche im Alter von 4 bis 20 Jahren in Deutschland, Luxemburg und Österreich befragt. Mit ernüchterndem Ergebnis: Kinder und Jugendliche verbringen an Werktagen rund 10,5 Stunden und an Wochenenden 7,5 Stunden sitzend. Im Mittel sind das 9,7 Stunden ohne körperliche Aktivität. Davon fallen unter der Woche rund 4,8 Stunden auf die Schulstunden. Zu Hause sitzen die Kinder dann noch einmal rund 1,1 Stunden über ihren Hausaufgaben. Das bedeutet: 71 Prozent der Zeit, in der Kinder an Werktagen wach sind, sitzen sie.
Kinder sitzen die Hälfte ihrer Wachzeit
Auch am Wochenende verbringen sie immer noch 54 Prozent ihrer Wachzeit auf Stühlen, Sesseln oder Sofa. Fernsehen, Computerspiele, Smartphones und Spielekonsolen - die beliebtesten Freizeitbeschäftigungen von Kindern und Jugendlichen finden im Sitzen statt.
Berthold Koletzko, Münchner Kinder- und Jugendarzt und Vorsitzender der Stiftung Kindergesundheit: "Der ausufernde Medienkonsum verdrängt aktivere Beschäftigungen. Die Zeit wird knapp für die anderen Bereiche des kindlichen Lebens".
Regelmäßige Bewegung ist für die Entwicklung eines Kindes von fundamentaler Bedeutung. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt allen Heranwachsenden, sich jeden Tag mindestens 60 Minuten lang moderat bis sehr anstrengend körperlich zu bewegen.
Dieser Richtwert wird allerdings laut Stiftung Kindergesundheit in Deutschland nur noch von 22,4 Prozent der Mädchen und 29,4 Prozent der Jungen im Alter von drei bis 17 Jahren erreicht. Das ist das Ergebnis der umfassenden "Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland" KiGGS, deren dritte Erhebungswelle (KiGGS-Welle 2) jetzt ausgewertet wurde.
Mädchen weniger aktiv als Buben
Die Basiserhebung für diese Studie fand 2003 bis 2006 statt. An Welle 1 nahmen in den Jahren 2009 bis 2012 mehr als 12.000 Mädchen und Buben teil. Die zweite Folgeerhebung erfolgte von 2014 bis 2017. Erneut wurden Untersuchungen und Befragungen der mittlerweile zu Jugendlichen und jungen Erwachsenen herangewachsenen Teilnehmenden der Basiserhebung durchgeführt und eine neue Stichprobe von 0- bis 17-Jährigen untersucht und befragt.
Die Epidemiologen des
Robert-Koch-Instituts stießen dabei auf jede Menge "Sitzenbleiber": 11,1 Prozent der Mädchen und 7,0 Prozent der Jungen bewegen sich an weniger als zwei Tagen pro Woche jeweils eine Stunde aktiv. Jugendliche im Alter von 14 bis 17 Jahren bewegen sich am Wenigsten. Dabei ist die Zahl der gering aktiven Mädchen doppelt so hoch wie die der gleichaltrigen Jungen. Besonders auffallend: Mädchen und Jungen aus sozial benachteiligten Familien sind weniger körperlich aktiv als jene aus Familien mit einem mittleren oder hohen Status.
Wie motiviert man Kinder für Sport?
"Zuhause sollten die Eltern selbst aktiv werden und in ihrem familiären Alltag für mehr Bewegung sorgen", sagt Koletzko. "Als Faustregel für die Kinder gilt: Täglich mindestens eine Stunde im Freien toben oder körperlich so aktiv sein, so dass sich das Herz-Kreislaufsystem aktiviert, die Kinder außer Atem kommen und schwitzen".
Um den Alltag bewegter zu gestalten, empfiehlt die Stiftung
Kindergesundheit:
- Schicken Sie Ihre Kinder nach draußen, wann immer es Ihnen Zeit und äußere Umstände erlauben. Die Kleinen toben an der frischen Luft automatisch mehr. Erkunden Sie gemeinsam mit Ihren Kindern die Spielplätze Ihrer Umgebung und sehen Sie sich bei schlechtem Wetter auch mal Indoorspielplätze an, statt die Kinder vor dem Fernseher "zu parken".
- In den eigenen vier Wänden können simple sportliche Hilfsmittel wie Hüpfpferd, Schwungtuch, Rhythmiktücher, Bogenroller, Rollbrett, Springseil, Balance-Scheiben mit Labyrinth oder Pedalo für verstärkte Aktivitäten sorgen.
- Selbst kleine Kinder- oder Wohnzimmer können bewegungsfreundlich mit Wohnwürfel, Kriechtunnel, Bällebad (Ballhaus), Trampolin etc. ausgestattet werden, um die Kinder indirekt zur Bewegung aufzufordern.
- Als kleine und größere Sportgeräte für drinnen und draußen eignen sich Hüpfgummi, Diabolo, Hamsterrolle, "River Stones" zum Balancieren, Hüpfsack usw.
- Kindergartenkinder können sich mit Hilfe von Laufrad, Fahrrad, Roller oder Bobbycar mit Freude schnell vorwärts bewegen.