Querschnittslähmung: Der Beginn eines zweiten Lebens
Von Caroline Bartos
Es war ein einziger Schritt, der sein Leben für immer veränderte. An einem verregneten Montagmorgen rutscht der gelernte Zimmerer Walter Ablinger bei einem unvorsichtigen Schritt auf dem nassen Dach aus. Er verliert das Gleichgewicht und stürzt über die Dachkante dreieinhalb Meter in die Tiefe.
Ablinger landet mit seinem Rücken auf einem Erdhaufen. Er ist ansprechbar, versucht, sich aufzusetzen – jedoch vergeblich. „Ich habe zu meinen Füßen geschaut und hatte das Gefühl, dass meine Füße in einem 90-Grad-Winkel zu meinem Oberkörper liegen. Es hat sich angefühlt, als würde das Leben aus mir weichen“, erinnert sich der heute 53-Jährige in der aktuellen Folge von „Ich weiß, wie es ist“, dem neuen Mental Health Podcast des KURIER zurück. Dass er nun querschnittsgelähmt ist und für den Rest seines Lebens auf den Rollstuhl angewiesen sein wird, ahnt er zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
Auswirkungen
Eine Querschnittslähmung ist eine Verletzung im Bereich des Rückenmarks. Durch diese kommt es zu einer Unterbrechung der Verbindung vom Gehirn zu Muskulatur, Haut und Organen. „Bei einer Querschnittslähmung ist vor allem die Höhe der Verletzung entscheidend. Umso weiter oben die Verletzung liegt, umso schlechter ist es für die Betroffenen“, erklärt Gottfried Kranz, Ärztlicher Direktor des Neurologischen Rehabilitationszentrum Rosenhügel in Wien.
Unterschieden wird zwischen einem kompletten und einem inkompletten Querschnitt. Bei einem kompletten Querschnitt ist keinerlei Fußfunktion mehr vorhanden, bei einem inkompletten Querschnitt kann es sein, dass Betroffene ihre Füße noch leicht bewegen, teilweise sogar aufstehen und einige Schritte gehen können, erklärt Christina Paul, Aktivierungstherapeutin am Weißen Hof. Prinzipiell gilt aber: „Das Rückenmark ist wahnsinnig komplex, daher kann man auch keinen Querschnitt mit dem anderen vergleichen. Für jeden Patienten wird in der Reha daher ein eigener Therapieplan von einem Ärzteteam zusammengestellt und geschaut, welche Ziele möglich sind zu erreichen.“
Paul ist seit einem Unfall vor 22 Jahren selbst auf einen Rollstuhl angewiesen, in ihre Patienten kann sie sich daher besonders gut hineinfühlen: „Im ersten Schritt geht es darum, die ganzen Fragen zu beantworten und auch den Personen zu zeigen, was überhaupt alles möglich ist.“ Nach dem ersten Herantasten an den Rollstuhl geht es aber vor allem darum, dass die Patienten lernen, wie sie ein möglichst eigenständiges Leben führen können. In der Rehaklinik haben die Patienten auch die Möglichkeit, unterschiedliche kreative Therapieformen und Behindertensportarten auszuprobieren.
Eine neue Berufung
Das hat auch Ablinger nach seinem Unfall gemacht und so die Liebe zum Sport wiederentdeckt. Der Sport hat ihm neben dem Rückhalt seiner Familie geholfen, den Weg zurück ins Leben zu finden und ihm eine neue Berufung gegeben. Ablinger, der bis heute seinem Versicherungsmakler dankbar ist, ihm damals eine Unfallversicherung empfohlen zu haben, ist heute Profisportler, sogar mehrfacher Paralympics-Sieger. „Dieser Moment, als ich als erster über die Ziellinie gefahren bin, war einfach nur unbeschreiblich. Ich hab einfach nur geschrien und immer, wenn es mir schlecht geht, erinnere ich mich an diesen Moment zurück und innerhalb von ein paar Sekunden bin ich wieder in einer positiven Stimmung“, erzählt Ablinger im Podcast.
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