Wissen/Gesundheit

Coronavirus: London will Führung bei Impfstoff übernehmen

Die Entwicklung eines Impfstoffs ist zweifellos für die Gesundheitssysteme aller Staaten von großer Bedeutung - und zudem auch eine Möglichkeit, seine Möglichkeiten zu zeigen.  US-Präsident Trump wollte etwa seinem Land bereits Vormachtstellung bei einem möglichen Impfstoff reservieren. Doch auch andere Länder sind stark im Gebiet der Forschung.

Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO gibt es weltweit 118 Projekte zur Entwicklung eines Corona-Impfstoffes, acht davon werden bereits an Menschen getestet. Die vielen Forschungsprojekte nähren die Hoffnung, dass die Pandemie bald mit einer Impfung gebremst werden könnte. Die Chefs von führenden Pharmafirmen zeigten sich vergangene Woche überzeugt, dass es bis Ende des Jahres tatsächlich einen oder mehrere Impfstoffe geben wird.

"Die Wahrscheinlichkeit, einen Impfstoff zu entwickeln, der messbar wirkt und keine inakzeptablen Nebenwirkungen hat, ist ziemlich hoch", sagt auch Adam Finn, Professor für Kinderheilkunde an der Universität Bristol. Sicher sei es aber keineswegs.

Großbritannien ist weiterhin führend bei der internationalen Suche nach einem Impfstoff und die Regierung unterstützt unsere Wissenschafter dabei, dies so schnell wie möglich zu tun“, sagte Wirtschaftsminister Alok Sharma vor rund zwei Wochen und kündigte noch mehr staatliche Fördergelder an. Außerdem hat die Regierung 388 Millionen Pfund für eine internationale Initiative zur Entwicklung von Impfungen, Behandlungen und Tests zugesagt.

Großbritannien sehr betroffen

Über 38.400 Menschen sind in Großbritannien an Covid-19 gestorben - nur in den USA gibt es noch mehr Corona-Tote. Für die Schwere des Ausbruchs wird die Regierung von Premierminister Boris Johnson mitverantwortlich gemacht. Nun versucht London, bei der Impfstoffentwicklung die Führung zu übernehmen. Großbritannien ist Gastgeber der Online-Geberkonferenz für die Impfallianz Gavi am 4. Juni.

Die Universität Oxford und das Imperial College London seien die "Spitzenreiter" bei der Suche nach einer Impfung gegen das neue Coronavirus, verkündet die Regierung. Der britische Staat fördert die Forschung in Oxford mit mehr als 85 Millionen Pfund (95 Millionen Euro) und jene am Imperial College mit fast 43 Millionen Pfund. Bis Mitte nächsten Jahres solle ausreichend Impfstoff für die gesamte Bevölkerung produziert werden.

Erste Testphase an Freiwilligen

Die Universität Oxford setzt auf einen Impfstoff auf Basis eines genetisch veränderten Schimpansen-Adenovirus. In der ersten von drei Testphasen wurden seit April tausend freiwillige Erwachsene geimpft. Die nächste Testgruppe wird 10.260 Erwachsene und Kinder umfassen. "Die klinischen Studien kommen sehr gut voran", sagt der Leiter des Forscherteams, Andrew Pollard.

Die Universität und der Pharmakonzern AstraZeneca haben bereits eine Vereinbarung für die Herstellung und den weltweiten Vertrieb des gerade getesteten Impfstoffs unterzeichnet. Im besten Fall könnten bis September 30 Millionen Dosen für Großbritannien zur Verfügung stehen. Inzwischen teilte das Unternehmen mit, es habe mehr als 820 Millionen Pfund zur Finanzierung der Produktion aus den USA erhalten und habe Kapazitäten für eine Milliarde Dosen.

Das Imperial College London arbeitet an einem so genannten RNA-Impfstoff und testet ihn seit Februar an Tieren. Diese neue Art Impfstoffe wirkt nicht durch abgeschwächte Krankheitserreger, sondern soll dem Körper die genetische Botschaft übermitteln, Antikörper zu bilden. Auch der Impfstoffkandidat des deutschen Unternehmens Biontech basiert auf diesem Prinzip.

Noch keine Garantien auf Wirkung

Noch gebe es keine Garantie, dass einer der in Großbritannien entwickelten Impfstoffe sich in der Praxis als wirksam und sicher erweise, mahnt Robin Shattock, der das Londoner Forscherteam leitet.

Auch die kleine Pharmafirma Stabilitech in Südengland forscht an einer Immunisierung gegen Covid-19. Statt per Spritze soll ihr Impfstoff oral in Form einer Kapsel verabreicht werden. Ziel ist, eine Immunreaktion der Schleimhautzellen auszulösen. Das sei bei einer Atemwegserkrankung wie Covid-19 viel effektiver, sagt Geschäftsführer Wayne Channon.

Im Juli soll die Schluckimpfung zunächst an 50 Probanden getestet werden, später an mehreren tausend. Sollten die Studien erfolgreich sein, will das Unternehmen nächstes Jahr mit der Massenproduktion beginnen.

"Die Wahrscheinlichkeit, einen Impfstoff zu entwickeln, der messbar wirkt und keine inakzeptablen Nebenwirkungen hat, ist ziemlich hoch", sagt auch Adam Finn, Professor für Kinderheilkunde an der Universität Bristol. Sicher sei es aber keineswegs.

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