Cholesterinsenker reduzieren Krebsrisiko
Von Ingrid Teufl
Immer mehr Daten zeigen, dass Cholesterinsenker auch abseits ihrer gefäßschützenden Wirkung positive Effekte haben. Jetzt zeigte eine neue Studie mit 929.552 Patienten, dass sie offenbar auch die Sterblichkeit bei Lungen-, Brust- Prostata- und Dickdarmkrebs senken.
"Unsere Forschungen deuten darauf hin, dass Faktoren rund um die Diagnose erhöhter Blutfettwerte die Überlebenswahrscheinlichkeit in Sachen Krebs erhöhen", sagt Studienautor Paul Carter von der britischen Aston Medical School in Birmingham. Der Effekt werde mit hoher Wahrscheinlichkeit durch die Statine (Blutfettsenker) produziert. Er präsentierte die Studie bei einer Tagung der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie.
Große Datenanalyse
Sein Team analysierte die Daten von knapp 930.000 Patienten nach einem möglichen Zusammenhang zwischen hohem Cholesterin und Krebs. Bei Brustkrebs lag das Sterblichkeitsrisiko um 43 Prozent unter jenem der Krebspatienten mit niedrigem Cholesterinspiegel, bei Prostatakrebs waren es sogar 47 Prozent. Bei Brustkrebs war die Todesrate um 22 Prozent niedriger und bei Dickdarmkrebs um 30 Prozent.
Die positiven Auswirkungen auf Krebspatienten sind nicht völlig neu, betont Univ.-Prof. Heinz Ludwig, Onkologe am Wiener Wilhelminenspital. Schon 2012 hatten dänische Forscher 18.721 Krebspatienten untersucht, die vor ihrer Diagnose Cholesterinsenker verwendet hatten. Bei ihnen war die Sterblichkeit um 17 Prozent geringer. "Statine haben in Zusammenhang mit Krebs einen gewissen schützenden Effekt, aber in einem bescheidenen Ausmaß. Der Mechanismus dahinter ist nicht bekannt", kommentiert Ludwig die aktuelle Studie.
Ein Freibrief für cholesterinhaltige Ernährung und in der Folge die medikamentöse Behandlung mit Statinen sei die Studie keinesfalls. "Es wäre die falsche Botschaft, dass hohe Cholesterinwerte per se etwas Positives sind."
Medikamente bewährt
Statine werden seit Jahrzehnten zur Senkung von "bösem" LDL-Cholesterin eingesetzt, um das Risiko für Gefäßverengungen und Folgeerkrankungen wie Herzinfarkte zu verringern. Mit der Zeit fanden Forscher auch noch weitere positive Effekte dieser weltweit am häufigsten verwendeten Medikamente heraus. Sie wirken etwa auch entzündungshemmend. Bei Krebskranken verringerten die Statine sogar das Risiko für Thrombosen und Embolien um fast 60 Prozent. Das fanden Forscher der Wiener MedUni (Klinische Abteilung für Hämatologie) in einer Untersuchung vor zwei Jahren heraus.
Studienautor Paul Carter regt nun weitere große Studien an, um die Effekte von häufig in der Herz-Kreislauf-Therapie verwendeten Medikamenten auf Krebs zu untersuchen. Dazu gehört etwa Aspirin. Es gibt bereits viele durch Studien abgesicherte Erkenntnisse, dass Acetylsalicylsäure (ASS) die Entstehung von Krebs zum Teil verhindern kann. Erst im April berichteten Wissenschaftler in einer Studie im Magazin Jama Oncology, dass die regelmäßige Einnahme das Risiko für Darmkrebs um 19 Prozent senken kann.