Bedeutung der Einnahmezeit oft unterschätzt
Von Ernst Mauritz
Bei vielen Medikamenten ist der Einnahmezeitpunkt entscheidend für die Wirkung eines Medikamentes - "das wird oft unterschätzt", sagte der Pharmazeut Dieter Habernig auf der Fortbildungstagung der Österreichischen Apothekerkammer in Schladming. Vor allem dort, wo eine "Nüchterneinnahme" (vor dem Frühstück) empfohlen wird, "reicht es nicht aus, das Präparat zwei MInuten vor dem Frühstück einzunehmen": "Ich bin dann zwar nüchtern bei der Einnahme, aber es herrschen unmittelbar danach im Magen keine Nüchternbedingungen mehr vor" - und Substanzen aus der Nahrung können mit den Arzneimittelwirkstoffen reagieren und deren Aufnahme stark reduzieren.
Besonders von Bedeutung sei dies bei Biphosphonaten (Osteoporose-Medikamenten) und Schilddrüsenhormonen: In Verbindung z.B. mit Kalzium, Magnesium oder Eisen aus der Nahrung bilden sie sogenannte "Komplexe", chemische Verbindungen, die eine Aufnahme des Arzneimittelwirkstoffes massiv reduzieren. "Deshalb müssen diese Medikamente mindestens eine halbe Stunde, besser aber eine Stunde vor dem Frühstück eingenommen werden."
Mineralstoffpräparate (Kalzium, Magnesium, Eisen, Aluminium) und bestimmte Säureblocker (Antacida) müssen besonders bei Osteoporosemedikamenten und Schilddrüsenhormonen aus demselben Grund in einem Abstand von zwei bis vier Stunden eingenommen werden, um nicht deren Wirkung zu mindern.
Auch Bakterienpräparate (z.B. zur Stärkung des Immunsystems gegen Atemwegsinfektionen oder zum Aufbau der Darmflora bei Durchfällen) sollten eine Stunde vor dem Frühstück geschluckt werden: Bei nüchternem Zusand passiert das Präparat den Magen rascher und kann nicht durch die Magensäure geschädigt werden. Bei vollem Magen hingegen dauert diese Magenpassage drei bis vier, im Maximalfall sogar acht Stunden.
Antibiotika: Nicht immer mit Joghurt
Ein häufiger Einnahmefehler betreffe auch bestimmte Antibiotikagruppen: "Antibiotika werden gerne mit Joghurt kombiniert, weil man sich dadurch einen rascheren Aufbau der Darmflora erhofft", so Habernig. "Aber bei zwei Antibiotikagruppen - den Tetrazyklinen und den Gyrasehemmern, die beide sehr breit eingesetzt werden - muss man unbedingt einen zeitlichen Abstand zu Milchprodukten (Kalzium) aber auch diversen Mineralstoffpräparaten halten. Andernfalls reduziere sich auch hier die Verfügbarkeit des Antibiotikums für den Körper.
Bei anderen Arzneimitteln hingegen wird die Einnahme während bzw. kurz nach den Mahlzeiten aus unterschiedlichen Gründen empfohlen:
- Schutz des Magens: Viele Schmerzmittel zum Beispiel können vor allem bei Einnahme auf nüchternen Magen die Schleimhaut schädigen. Ist der Magen aber mit Nahrung gefüllt, ist das ein gewisser Schutz, betont Habernig. Das Risiko einer Schädigung ist geringer, bzw. ist die Schädigung weniger stark wie bei nüchterner Einnahme.
- Bessere Aufnahme: Das Malaria-Präparat Malarone, aber auch Mittel zur Aknebehandlung und Pilzmittel werden mit Nahrung deutlich besser aufgenommen.