Wissen

Astronomen entdecken erdnächstes Schwarzes Loch

Astronomen haben am Südhimmel das bisher nächstgelegene Schwarze Loch entdeckt. Das unsichtbare Schwerkraftmonster ist nur rund 1.000 Lichtjahre von der Erde entfernt und kreist mit zwei Sternen in einem Dreifachsystem, wie die Entdecker um Thomas Rivinius von der Europäischen Südsternwarte ESO im Fachblatt Astronomy & Astrophysics berichten.

Die beiden Begleitsterne sind bereits mit bloßem Auge zu sehen - allerdings nur von der Südhalbkugel der Erde aus. Zum Vergleich: Die Heimatgalaxie der Erde, die Milchstraße, hat einen Durchmesser von ungefähr 120.000 Lichtjahren. Ein Lichtjahr ist die Strecke, die das Licht in einem Jahr zurücklegt.

Vierfache Masse der Sonne

Das Team hatte ursprünglich Doppelsterne untersucht. Die Analyse des Systems mit der Katalognummer HR 6819 im südlichen Sternbild Telescopium ergab jedoch überraschenderweise, dass sich dort ein dritter Himmelskörper befinden muss: Einer der beiden sichtbaren Sterne umkreist alle 40 Tage ein unsichtbares Objekt mit wenigstens der vierfachen Masse unserer Sonne. "Ein unsichtbares Objekt mit einer Masse, die mindestens viermal so groß ist wie die der Sonne, kann nur ein Schwarzes Loch sein", betonte Rivinius in einer ESO-Mitteilung. "Dieses System enthält das der Erde nächstgelegene Schwarze Loch, von dem wir wissen."

Dank der vergleichsweise geringen Entfernung des Systems seien die beiden Begleitsterne in dunklen, klaren Nächten von der Südhalbkugel ohne Hilfsmittel sichtbar, erläuterte die ESO. "Wir waren völlig überrascht, als wir feststellten, dass dies das erste Sternsystem mit einem Schwarzen Loch ist, das man mit bloßem Auge sehen kann", berichtete Co-Autor Petr Hadrava, emeritierter Wissenschafter an der tschechischen Akademie der Wissenschaften.

Hoffen auf weitere Funde

Anders als die meisten anderen bekannten Exemplare dieser Größenordnung ist das Schwarze Loch in dem Dreifachsystem tatsächlich schwarz und unsichtbar. Das liegt daran, dass es sich momentan keine Materie aus der Umgebung einverleibt. Die meisten solcher sogenannten stellaren, Stern-großen Schwarzen Löcher haben sich durch die helle Röntgenstrahlung auf sich aufmerksam gemacht, die von der Materie ausgeht, bevor sie auf Nimmerwiedersehen in ihnen verschwindet. Inaktive, stille Schwarze Löcher verraten sich dagegen nur durch ihre Schwerkraftwirkung, etwa indem ein sichtbarer Stern sie umkreist wie in diesem Fall.

In der Milchstraße sind laut ESO bisher nur einige Dutzend Schwarze Löcher entdeckt worden. Die Astronomen hoffen, dass die aktuelle Entdeckung hilft, weitere stille Schwarze Löcher in unserer Heimatgalaxie aufzuspüren. "Es muss Hunderte von Millionen Schwarzer Löcher geben, aber wir wissen nur von sehr wenigen", erläuterte Rivinius. "Wenn wir wissen, wonach wir suchen müssen, sollten wir besser in der Lage sein, sie zu finden."