Arzneimittel: Keine Grapefruit zum Viagra
Von Ernst Mauritz
Multivitamine und Mineralstoffe – das waren die einzigen Präparate, die die 32-jährige Johanna F. zu sich nahm. Als sie an Mittelohrentzündung erkrankte, wurde ihr das Antibiotikum Ciproxin verschrieben. "Doch auch nach drei Tagen zeigte sich keine Wirkung", berichtete die Pharmazeutin Christina Labut Sonntag bei der Fortbildungstagung der Österreichischen Apothekerkammer in Schladming: Wechselwirkungen zwischen Kalzium, Eisen, Magnesium und Zink (in den Vitaminpräparaten) und bestimmten Antibiotika (Fluorchinolone, Tetrazykline) reduzieren die Konzentration des bakterientötenden Wirkstoffs im Blut um bis zu 70 Prozent.
Ein anderes Beispiel für Wechselwirkungen nannte Martina Anditsch, Leiterin der Apotheke des SMZ-Ost in Wien: "In der Grippezeit nehmen viele rezeptfreie Schmerzmittel. Werden manche von ihnen – nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) – mit Medikamenten zur Hemmung der Blutgerinnung (Blutverdünnung) kombiniert, erhöht sich das Blutungsrisiko massiv." Die Hälfte aller Medikamentennebenwirkungen, die zur Aufnahme im Spital führen, sind verhinderbar, sagt Anditsch. Dabei spielen auch Pflanzenarzneien eine Rolle.
Johanniskraut: Dieses kann bei gleichzeitiger Einnahme mit Antidepressiva, Medikamenten gegen Migräne oder Übelkeit den Serotoninspiegel so stark erhöhen, dass es zum "Serotoninsyndrom" (erhöhter Puls und Blutdruck, Schwitzen, Zittern, Übelkeit, Unruhe) kommt. Der Abbau zahlreicher Medikamente wird beschleunigt (z. B. Krebsmittel, Cholesterinsenker). Auch die Wirkung der Pille wird möglicherweise beeinflusst. Labut: "Deshalb muss man Patienten, die Johanniskraut und die Pille nehmen, eine zusätzliche, nicht hormonelle Verhütung empfehlen."
Grapefruit: Früchte, Saft und andere Zubereitungen hemmen den Abbau vieler Arzneimittel. Die für den Körper verfügbare Wirkstoffmenge bestimmter Cholesterinsenker steigt bis auf das 16-Fache des Normalwertes. Ein massiver Abbau der Muskulatur mit Schmerzen, Schwindel und Schwächegefühl ist eine mögliche Folge: "Innerhalb weniger Tage kann das lebensgefährlich werden."
Auch die Wirkung von Potenzmitteln wie Viagra können Grapefruits (nicht nur der Saft) verstärken: "Im Internet finden sich zahlreiche Rezepte, wie man am besten Viagra mit der Grapefruit gemeinsam einnimmt um die Potenz zu steigern", sagt Labut – und warnt: "Es kann zu einem Blutdruckabfall während des Verkehrs und einer schmerzhaften Dauererektion kommen." Bei der Grapefruit reicht es übrigens nicht, zeitlichen Abstand zur Einnahme anderer Medikamente zu halten: Die Wirkung kann mehrere Tage andauern.
Ginkgo: Kann bei Operationen bzw. der gleichzeitigen Einnahme blutverdünnender Medikamente das Blutungsrisiko erhöhen.
Goji-Beere: Auch hier erhöht die gleichzeitige Einnahme mit speziellen gerinnungshemmenden Medikamenten (z. B. Marcoumar, Sintrom) möglicherweise das Blutungsrisiko deutlich.