Wirtschaft

Was im Insolvenzantrag von Kika/Leiner im Detail steht

So spektakulär die Kika/Leiner-Pleite auch ist, so unspektakulär ist der zwölf Seiten starke Insolvenzantrag aus der Feder der renommierten Sanierungsanwältin Ulla Reisch. Genauer gesagt ist ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung beantragt worden. Antragstellerin ist die Leiner & kika Möbelhandels GmbH, die 3.296 Mitarbeiter beschäftigt.

Die Gesellschaft beabsichtigt laut den Gläubigerschutzverbänden Creditreform, KSV1870 und AKV das Unternehmen fortzuführen und nachhaltig zu sanieren. Eine entsprechende Fortführungsrechnung wird dem Insolvenzverwalter direkt übergeben.

Als Insolvenzursachen werden „die Ausbreitung des Coronavirus und der Beginn des Russland-Ukraine-Krieges und damit einhergehender erhöhter Preisdruck in der Möbelindustrie samt Rückgang der Kunden“ angeführt. Konkret soll diese miese Lage auch zu „einer Verschlechterung der ohnehin schon fragilen Lieferketten geführt haben“.

„Im Sanierungsverfahren sind unbesicherte Verbindlichkeiten in Höhe von voraussichtlich rund 132 Millionen Euro zu berücksichtigen“, heißt es im Antrag. „Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl an durch Eigentumsvorbehalte besicherte Lieferantengläubiger.“ Da die neue Eigentümerin der Leiner & kika Möbelhandels GmbH die bestehende Kundenaufträge ausführen wird und für die Einlösung der Gutscheine eine Garantie abgegeben hat, fallen hier keine weiteren Verbindlichkeiten an.

Von den 132 Millionen Euro Verbindlichkeiten entfallen 40 Millionen Euro auf Lieferanten und 42 Millionen auf Abgaben.

"Es ist von der Schuldnerin beabsichtigt, dass auch Kunden mit offenen Aufträgen und bereits geleisteten Anzahlungen (rund EUR 42 Mio.) ihre Waren vollständig erhalten werden. Hierzu muss die noch zu bestellende Insolvenzverwaltung in alle offenen Verträge eintreten", so der AKV. "Eine solche Vorgangsweise ist grundsätzlich nur bei wirtschaftlich lukrativen Verträgen zu befürworten, jedoch hat hier ebenfalls die dritte Seite vorab die Zusage erteilt, auch nicht lukrative Verträge zu finanzieren, sodass alle Kundenverträge eingehalten werden sollen."

 

Prüfung der Vorjahre notwendig?

"Den Bilanzzahlen zum 30. September 2021 ist ebenfalls zu entnehmen, dass ein Bilanzverlust in Höhe von 83,7 Millionen Euro („Leiner“) und in Höhe von 106,1 Millionen Euro („KIKA“) sowie ein Jahresfehlbetrag von 9,98 Millionen („Leiner“) und 12,09 Millionen („KIKA“) ausgewiesen sind. Zu hinterfragen ist daher jedenfalls, ob nicht bereits im Jahr 2021 oder spätestens im Jahr 2022 Insolvenzverfahren hätten beantragt werden müssen beziehungsweise mit welchem zu prüfenden Vorbringen eine vorliegende insolvenzrechtlich relevante Überschuldung vom Unternehmen verneint wurde", behauptet der AKV. "Es wird daher vom noch zu bestellenden Insolvenzverwalter festzustellen sein, ob möglicherweise eine Insolvenzantragspflichtverletzung vorliegt und daher etwaige Haftungsansprüche gegenüber der vorherigen Geschäftsführung geltend gemacht werden können oder müssen."

Des Weiteren will der AKV prüfen lassen, wie die von der Schuldnerin für das Jahr 2021 bezogenen COFAG-Beihilfen in Höhe von rund 2,6 Millionen Euro („Leiner“) sowie 3,1 Millionen Euro(„KIKA“) verwendet wurden.  "Die zweckentsprechende Verwendung der Fördermittel wird daher jedenfalls zu eruieren sein. In diesem Zusammenhang ist des Weiteren gemäß der jüngsten, höchstgerichtlichen Entscheidung ebenfalls zu klären, ob die Signa-Gruppe als Vermieterin von der Schuldnerin während der Lockdowns Mietzinszahlungen erhalten hat."