VW verfehlt Klimaziele der EU knapp, BMW unterbietet sie deutlich
Volkswagen hat die Klimaschutzvorgaben der EU dank der Elektro-Offensive und legaler Tricks nur knapp verfehlt. Nach vorläufigen Zahlen sank der Durchschnittswert der CO2-Emissionen aller im vergangenen Jahr auf die Straßen gebrachten Neuwagen des Konzerns im Vergleich zu 2019 um rund ein Fünftel auf 99,8 Gramm pro Kilometer. Damit verfehlte der Konzern den für ihn geltenden EU-Grenzwert um ein halbes Gramm. Dafür werden etwas mehr als 100 Mio. Euro Strafe fällig.
Die fälligen Strafzahlungen bezifferte ein Sprecher auf "einen niedrigen dreistelligen Millionenbetrag" - also etwas mehr als 100 Millionen Euro. Dafür seien frühzeitig Rückstellungen gebildet worden, teilte VW am Donnerstag mit. Der Gewinn des Schlussquartals sei dadurch nicht belastet worden.
Analysten und Berater hatten anfangs mit sehr viel höheren Zahlungen gerechnet. Für die Neuwagenflotten der deutschen Hersteller waren auf Grundlage der 95 Euro Strafe je Auto für jedes Gramm CO2 über dem Grenzwert Summen in Milliardenhöhe prognostiziert worden, wenn sie nicht rasch in die Elektromobilität wechseln. Daimler und BMW hatten bereits erklärt, dass sie dank gestiegener Elektroverkäufe ihre CO2-Ziele erfüllt haben.
Grund für das Erreichen der Ziele von Volkswagen war neben der stark gestiegenen Zahl an verkauften E-Autos von VW und Audi auch das sogenannte CO2-Pooling. Dabei können sich Autobauer, die über ihrem Limit liegen, gegen Bezahlung mit Wettbewerbern zusammenschließen, die darunter liegen. Volkswagen hat sich mit der britischen Marke MG des chinesischen Partners SAIC, der zum Geely-Konzern gehörenden London EV Company (LEVC), dem chinesischen Elektro-Newcomer Aiways Automobile Europe und Next.e.Go, dem Nachfolger des Aachener Elektroauto-Herstellers e.Go, zusammengetan. Außerdem wurden die beiden Luxusmarken Bentley und Lamborghini einzeln bewertet, ihre hohen Abgaswerte fließen daher nicht in der Bilanz ein.
Volkswagen hatten den Verkauf von Wagen mit elektrifizierten Antrieben im vergangenen Jahr in der EU einschließlich Großbritannien, Norwegen und Island im vergangenen Jahr auf 315.400 Fahrzeuge mehr als vervierfacht. Der Anteil von rein batteriebetriebenen Fahrzeuge und Plug-in-Hybriden, die neben einem Batterie auch einen Verbrenner an Bord haben, an den Gesamtauslieferungen sei dadurch auf 9,7 (Vorjahr 1,7) Prozent gestiegen. Mit einem Marktanteil von rund 25 Prozent in Westeuropa sieht sich der Konzern als Marktführer vor der Renault-Nissan--Allianz und Tesla.
BMW bleibt dagegen deutlich unter Klimaziel
BMW ist Kreisen zufolge im vergangenen Jahr hingegen spürbar unter den Brüsseler Emissionsgrenzen für klimaschädliches Kohlendioxid (CO2) geblieben. Der Konzern kam demnach bei den neu verkauften Autos 2020 auf einen Schnitt von rund 99 Gramm CO2-Ausstoß je gefahrenem Kilometer, wie die Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX am Donnerstag aus Unternehmenskreisen erfuhr. Demnach hätten die Münchener nach eigenen Berechnungen einen Zielwert von 104 Gramm erreichen müssen.
Ein Sprecher des Konzerns wollte die Informationen nicht kommentieren. BMW-Manager wie Vorstandschef Oliver Zipse hatten sich bereits des öfteren sehr selbstbewusst gegeben, was das Erreichen der Ziele angeht. Die EU-Kommission muss die Abgaswerte einzelner Hersteller offiziell bestätigen. 2020 erhöhte sich der Anteil elektrifizierter Autos bei den Neuwagen am Markt deutlich, unter anderem weil die E-Antriebe wegen der Corona-Pandemie mit erhöhten Kaufprämien stärker gefördert werden.
In der EU gelten seit dem vergangenen Jahr verschärfte Vorgaben für den CO2-Ausstoß. Branchenweit sollte dieser - von Übergangsregelungen abgesehen - auf 95 Gramm pro gefahrenem Kilometer sinken. Jeder Autohersteller hat je nach Marktposition und Schwere der produzierten Autos eigene individuelle Ziele zu erfüllen. Weichen die realen Werte weit davon ab, drohen Strafen: Pro verkauftem Fahrzeug und durchschnittlichem Gramm CO2 zu viel sind 95 Euro fällig.