Trendumkehr: Warum wieder weniger Väter in Karenz gehen
Von Anita Staudacher
Die Corona-Pandemie brachte eine Trendwende bei der Elternkarenz: Nach der Geburt eines Kindes bleiben die Mütter wieder länger zu Hause und die Väter gehen wieder weniger in Karenz. So nüchtern fällt der von der L&R Sozialforschung für die AK Wien erstellte aktuelle Wiedereinstiegsmonitor aus.
Entgegen dem langjährigen Trend ist die Zahl der Rückkehrerinnen in den Job nach einer Geburt gesunken. Konkret lag beim zweiten Geburtstag des Kindes die Wiedereinstiegsquote bei Frauen mit Geburten im vierten Quartal 2018, deren Rückkehr schon in die Pandemie gefallen wäre, um drei Prozentpunkte unter jener des vierten Quartals 2017 - ein Rückgang von 67,5 auf 64,5 Prozent.
Nach Branchen betrachtet fällt auf, dass Frauen, die in der Gastronomie und im Tourismus sowie in der Reinigung beschäftigt sind, am längsten zu Hause bleiben. "Gerade diese Branchen wurden von der Corona-Pandemie stark getroffen und es gab viele Kündigungen. Klar, dass aufgrund dieser Situation viele den Wiedereinstieg nach hinten verschoben haben", analysiert Ingrid Moritz, Leiterin der Abteilung Frauen und Familie in der AK Wien. Auch die Unsicherheiten durch die vielen Schul- und Kindergartenschließungen hätten dazu geführt.
Wo sind die Väter?
Als "besorgniserregend" bezeichnet sie den seit Beginn der Erhebung 2006 erstmaligen Rückgang bei der Väterbeteiligung an der Karenz. Während der Männeranteil unter den Personen im Kinderbetreuungsgeldbezug im Spitzenjahr 2017 noch 16 Prozent ausmachte, lag er 2020 nur noch bei rund 14 Prozent. „Der Rückgang seit 2017 muss leider als Trendwende bezeichnet werden. Denn nach diesem Jahr reißt die positive Zuwachsdynamik der Männerbeteiligung ab“, analysiert Moritz.
2006, als der Wiedereinstiegsmonitor zum ersten Mal erstellt wurde, lag der Anteil der Männer noch bei rund acht Prozent, 2012 waren es dann rund 14 Prozent und 2017 bei 16 Prozent. „Wir sind also wieder auf das Niveau von 2012 zurückgefallen“.
13 Prozent Väterkarenz
Gesunken ist auch die partnerschaftliche Teilung der Karenz. Bei nur noch rund 13 Prozent der Eltern beteiligen sich die Väter an der Elternkarenz, 2016 waren es noch 15 Prozent. Bei weiteren 5 Prozent bezieht der Vater zwar Kinderbetreuungsgeld, unterbricht seine Erwerbsarbeit aber nicht. In Summe heißt das, dass bei 82 Prozent der Paare der Mann weder in Karenz geht noch Kinderbetreuungsgeld bezieht.
Die Gründe
Als Gründe für die sinkende Väterbeteiligung sieht die AK zum einen ebenfalls die Auswirkungen der Pandemie, die aktuelle Arbeitsmarktlage, tradierte Rollenbilder sowie zuwenig finanzielle Anreize. So sollte etwa der Familienzeitbonus deutlich erhöht werden. Gegen das "veraltete und verkrustete Rollenbild" (AK-Sozialexpertin Ines Stilling) würde eine neue Imagekampagne helfen. Die letzte "Halbe-Halbe"-Kampagne fand 1996 statt.
Ein Motivator für die Väterbeteiligung ist auch das Einkommen der Mutter, geht aus der Erhebung hervor. So geht bei einem Brutto-Monats-Bezug von über 4.000 Euro der Frau, mehr als jeder dritte Vater in Karenz. Verdient die Frau vor der Geburt unter 1.000 Euro, nimmt nur jeder zwanzigste Vater Karenz in Anspruch. Ein KV-Mindestlohn in allen Branchen in der Höhe von 2.000 Euro könnte laut AK die Väterbeteiligung erhöhen.
Um den Wiedereinstieg in den Beruf zu erhöhen, fordert sie erneut einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ab dem ersten Geburtstag des Kindes. Aber auch die Betriebe seien gefordert, familienfreundliche und planbare Arbeitszeiten zu schaffen, vor allem in frauendominierten Branchen.