Wirtschaft

Teure Kredite, schwache Konjunktur: EZB legt Zinspause ein

Die Europäische Zentralbank (EZB) legt im Kampf gegen die Inflation nach zehn Anhebungen in Serie eine Zinspause ein. Sie tastete am Donnerstag auf ihrer auswärtigen Sitzung in Athen die Schlüsselsätze nicht an. Der Leitzins bleibt damit bei 4,50
Prozent. Und der an den Finanzmärkten richtungsweisende Einlagensatz, den Banken für das Parken überschüssiger Gelder erhalten, bleibt damit ebenfalls bei 4,00 Prozent. Das ist das höchste Niveau seit dem Start der Währungsunion 1999.

„Die zukünftigen Beschlüsse des EZB-Rats werden dafür sorgen, dass die Leitzinsen so lange wie erforderlich auf ein ausreichend restriktives Niveau festgelegt werden“, erklärten die Eurowächter.

Experten habe das erwartet

Ifo-Präsident Clemens Fuest spricht von einer „guten Entscheidung“. Die schnellen Zinserhöhungen seit etwa einem Jahr hätten dazu beigetragen, die Inflation zu dämpfen und die Inflationserwartungen zu stabilisieren. „Diese Entwicklung wird sich voraussichtlich in den kommenden Monaten fortsetzen. Für Zinssenkungen ist es allerdings noch zu früh. Dafür muss die Inflation weiter zurückgehen. Vor allem wegen hoher Lohnabschlüsse und Risiken bei den Energiepreisen ist nicht garantiert, dass das so kommt“, so Fuest.

Auch Agenda-Austria-Ökonom Jan Kluge hatte im Vorfeld die  EZB-Zinspause bereits erwartet. Dafür sprach der kräftige Rückgang der Kreditnachfrage sowohl der Haushalte wie auch der Unternehmen parallel zur äußerst schwachen Konjunktur in Europa gesprochen. „Die EZB muss jetzt aber die Erwartung dämpfen, dass die Zinsen bald wieder sinken werden. Wegen der Zweitrundeneffekte, insbesondere der Lohnsteigerungen, halte ich 2024 für eher optimistisch. Mit den Zinsen dürfte es erst 2025 abwärts gehen“, sagte Kluge zum KURIER.

Dass die Kreditvergabe eingebrochen ist, zeige sich vor allem an den Beständen. Im Vergleich zum September 2022 sind die Kreditbestände der Haushalte und Unternehmen im Euroraum fast konstant geblieben (+0,4%; +46 Mrd. Euro). Im Jahr davor sind sie noch um fast eine halbe Billion Euro gestiegen (+4,3%, +494 Mrd. Euro). Der Gesamtkreditbestand dürfte bald sogar rückläufig sein. Das war zum letzten Mal 2015 der Fall, erinnert Kluge.

Bei der Festlegung der angemessenen Höhe und Dauer des restriktiven Niveaus werde der EZB-Rat auch künftig einen „datengestützten Ansatz“ verfolgen. Damit hat die Euro-Notenbank auf ihrem im Sommer 2022 eingeleiteten Straffungskurs nun voraussichtlich bis auf weiteres den Zinshöhepunkt erreicht.

Die Inflation in der 20-Länder-Gemeinschaft war zuletzt deutlich zurückgegangen. Im September sank sie auf 4,3 Prozent von 5,2 Prozent im August. Noch im Herbst 2022 hatte die Rate zeitweise über zehn Prozent gelegen. Die Teuerung liegt aber immer noch mehr als doppelt so hoch wie die Zielmarke der Euro-Notenbank von zwei Prozent.

Bei der Entscheidung der EZB dürfte die eingetrübte Konjunktur im Euroraum eine wichtige Rolle gespielt haben. So stecken Deutschland und Österreich in einer milden Rezession.