Wirtschaft

Sorge in Tirol wegen Pharma-Standort Kundl von Novartis

Nach der Ankündigung des Schweizer Pharmakonzerns Novartis, die Generikatochter Sandoz einer strategischen Prüfung zu unterziehen, um deren Wert für Aktionäre zu maximieren, herrscht in Tirol Sorge um den Standort in Kundl/Schaftenau (Bezirk Kufstein) mit rund 4.500 Beschäftigten. Bei der Prüfung würden "alle Optionen geprüft", hatte es geheißen - "von der Beibehaltung des Geschäfts bis hin zur Trennung". Doch Österreichs Novartis-Spitze kalmiert.

"Es gibt derzeit keine Entscheidung in irgendeine Richtung", kommentierte Michael Kocher, Novartis-Präsident in Österreich, gegenüber der Tiroler Tageszeitung. Aktuell schaue man sich das "Modell Sandoz" genau an und überprüfe dabei alle möglichen Optionen. Es gäbe nach wie vor "ein großes Commitment zu Sandoz", versicherte der Österreich-Chef. Ergebnisse würden bis spätestens Ende 2022 kommuniziert.

Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) sieht vorerst keine Gefahr für die Arbeitsplätze bei Sandoz und unterstrich gegenüber der Zeitung: "Das Management hat mir gegenüber beteuert, dass es sich dabei um einen Routineprozess handelt." Schon 2020 hatte es ein politisches Tauziehen um die Zukunft des Tiroler Standortes - und einziger Penicillinproduktion in Österreich und Europa - gegeben. Damit Novartis die Produktion nicht nach Asien verlagert, hatte die öffentliche Hand beschlossen, dem Unternehmen mit Förderungen in der Höhe von 50 Mio. Euro unter die Arme zu greifen.

Wirtschaftslandesrat Anton Mattle (ÖVP) zeigte sich verwundert. Er verwies auf Gespräche im Sommer, bei denen das Unternehmen die Wichtigkeit des Standorts in Tirol noch betont habe. Novartis würde derzeit auch kräftig in den Standort investieren, nämlich 150 Mio. Euro, betonte Mattle. Hinzu kämen die zuvor erwähnten Zuschüsse von Bund (45 Mio. Euro) und Land (fünf Mio. Euro). Er sei "optimistisch" und gehe davon aus,"dass der Konzern seine Versprechen hinsichtlich des Standorts" einhalten werde, so Mattle weiter.

Hoher Preisdruck

Sandoz sah sich in Österreich zuletzt zunehmend unter Preisdruck. Falls die mit 31. März auslaufende Preisband-Regelung für Generika nicht verlängert wird, könnte das Preisniveau weiter sinken und eine kostendeckende Produktion am Tiroler Standort Kundl nicht mehr möglich sein, warnte das Unternehmen Mitte Oktober. Ähnlich wären die Folgen, wenn Ärzte künftig nur noch Wirkstoffe und nicht Medikamente verschreiben würden. Vor allem in den USA stünden die Unternehmen unter Druck, weil die Versicherungen immer höhere Rabatte durchsetzen.

Wie sehr die Generika-Spalte unter Druck steht, zeigen die aktuellen Zahlen. Während die Umsätze mit patentgeschützten Arzneien im dritten Quartal um sieben Prozent auf 10,63 Mrd. Dollar wuchsen, schrumpfte der Sandoz-Umsatz um zwei Prozent auf 2,4 Mrd. Dollar. Beim bereinigten Gewinn gab es ein 13-prozentiges Plus auf 4,02 Mrd. Dollar bei den patentgeschützten Mitteln. Demgegenüber verzeichnet das Generika-Geschäft einen Rückgang von 15 Prozent auf 571 Mio. Dollar. Novartis beschäftigt knapp 5.000 Mitarbeiter in Österreich, davon fast 4.500 in Tirol.