Wirtschaft

Russische Gaslieferungen nach Polen und Bulgarien gestoppt

Russland hat wie angekündigt Polen den Gashahn zugedreht. Der tatsächliche Gasdurchfluss durch die Jamal-Pipeline von Belarus nach Polen lag um 04.07 MESZ bei null Kilowattstunden, wie Daten des Europäischen Netzes der Fernleitungsnetzbetreiber zeigen. Lieferstopp auch nach Bulgarien.

Man sei durch den russischen Erdgaskonzern Gazprom informiert worden, dass die Gaslieferungen am heutigen Mittwoch abgestellt würden, heißt es aus Polen. Polen will Erdgas nicht wie von Russland gefordert in Rubel bezahlen. Polens Gasversorgerverbund PGNiG sieht in der Entscheidung einen Bruch bestehender Verträge. Man wolle Schadenersatz wegen Vertragsbruchs fordern. PGNiG werde zudem Schritte einleiten, um die Gaslieferung entsprechend der Vertragsvereinbarungen zu sichern. PGNiG hat mit Gazprom langfristige Verträge, die dieses Jahr auslaufen.

Bestätigung von Gazprom

Der russische Energiekonzern Gazprom hat jetzt auch offiziell bestätigt, kein Gas mehr nach Polen und Bulgarien zu liefern und mit weiteren Lieferkürzungen gedroht, sollten sich beide Länder am Transitgas bedienen. Gazprom habe die Lieferungen eingestellt, weil die Gasunternehmen nicht rechtzeitig in Rubel gezahlt hätten, teilte das Unternehmen am Mittwoch mit.

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Darüber hinaus warnte Gazprom Polen und Bulgarien, russisches Gas anzuzapfen, das über ihr Territorium an andere Länder geliefert wird. "Bulgarien und Polen sind Transitländer. Wenn sie unerlaubt russisches Gas aus den Transitmengen für Drittländer entnehmen, werden die Transitlieferungen in dieser Höhe gesenkt."

Schon gestern vorübergehender Stopp

Die Versorgung Polens mit russischem Gas über die Jamal-Pipeline ist bereits am Dienstag vorübergehend gestoppt worden. Wie aus Daten des EU-Verbunds von Gasnetzbetreibern hervorging, floss am Nachmittag kein Gas aus Belarus nach Polen. Am Abend strömte demnach dann wieder Gas durch die Leitung.

Der staatliche russische Gaskonzern Gazprom hatte die Berichte über einen angeblichen Gaslieferstopp von russischem Erdgas nach Polen am Dienstag zunächst nicht bestätigt.

"Haben Drohungen erhalten"

Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki sagte am Dienstag in Berlin nach einen Treffen mit Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz: "Wir haben Drohungen von Gazprom erhalten, die Gaslieferungen einzustellen", zitieren ihn deutsche Medien. Russland versuche vielleicht, Polen auf diese Weise zu erpressen. Polen habe sich aber im Vorfeld auf die Diversifizierung der Gasversorgung vorbereitet. Die Wirtschaft sei nicht gefährdet.

Auch Klimaministerin Anna Moskwa sagte schon gestern, dass ab Mittwochmorgen, 8 Uhr, das Gas nicht mehr durch die Jamal-Pipeline nach Polen fließen werde. „Wir sind auf eine vollständige Einstellung der russischen Rohstofflieferungen vorbereitet“. Seit den ersten Tagen des Ukraine-Krieges habe ihr Land erklärt, dass es bereit sei für eine vollständige Unabhängigkeit von russischen Rohstoffen.

Die Gasspeicher seien zu 76 Prozent gefüllt, betonte Moskwa. Dies sei ein Ergebnis der Vorbereitungen: „Im vergangenen Jahr um diese Zeit waren die Speicher im 39 Prozent gefüllt.“ Es gebe aber zum jetzigen Zeitpunkt keinen Grund, die Speicher zu öffnen.

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Auch Bulgarien wird der Hahn zugedreht

Zudem hat der russische Staatskonzern Gazprom ab Mittwoch auch alle Gaslieferungen nach Bulgarien gestoppt. Darüber sei das Gasunternehmen Bulgargas am Dienstag darüber informiert worden, so das Wirtschaftsministerium in Sofia.

Nach der Einführung der westlichen Sanktionen wegen des Ukraine-Krieges hatte Russland die EU-Mitgliedstaaten aufgefordert, ihre Gas-Rechnungen in Rubel zu bezahlen. Westliche Staaten wiesen die Forderung zurück und pochten auf die Einhaltung der Verträge mit Russland, die Zahlungen für die russischen Gaslieferungen ausschließlich in Euro oder Dollar vorsehen.

Unterstützungszusage

Indes hat Griechenland Bulgarien Unterstützung bei der Gasversorgung zugesichert. Regierungschef Kyriakos Mitsotakis und sein Amtskollege Kiril Petkow besprachen dafür am Mittwoch in einem Telefonat verschiedene Möglichkeiten, wie griechische Medien berichteten. So könnte Bulgarien schneller als geplant an die Trans Adria Pipeline (TAP) angebunden werden.

Die TAP liefert seit Anfang 2021 Gas von Aserbaidschan durch die Türkei nach Griechenland und von dort aus auch nach Italien. Eine Abzweigung nach Bulgarien und Rumänien befindet sich im Bau. Sie könne bis Juni fertiggestellt sein, hieß es. Außerdem sollen die griechischen Speicherkapazitäten des Terminals Revythousa nahe Athen durch schwimmende Speicher erhöht werden. Bei Bedarf könne das Gas durchs griechische Netz bis in die nordostgriechische Stadt Komotini und von dort aus nach Bulgarien geleitet werden.

Seit Wochen weniger Gas

Ein Wiener Gasexperte erklärte am Dienstagabend der APA, dass über die Jamal-Gaspipeline, die Polen mit russischem Gas versorgt, bereits in den letzten Wochen und Monaten immer wieder weniger Erdgas angekommen sei. "Die Jamal war immer wieder einmal unterbrochen oder auf Null gesetzt, weil weniger Gas nominiert wurde", also von Kunden weniger für den Transport angemeldet worden ist. Für Österreichs Gasversorgung habe die Jamal keine vorrangige Bedeutung, weil unser Land nicht über Polen versorgt werde, so der Experte.

Leichter Anstieg bei Ölpreisen

Die Ölpreise sind am Mittwoch dennoch nur leicht gestiegen. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseeölsorte Brent kostete in der Früh 105,36 US-Dollar (98,71 Euro). Das waren 37 Cent mehr als am Vortag. Der Preis für ein Fass der US-amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) stieg um 15 Cent auf 101,85 Dollar.

Obwohl ökonomische Verknüpfungen des Gasmarktes zum Ölmarkt bestehen, wirkte sich die Entscheidung am Erdölmarkt zunächst nicht besonders stark aus. Gas ist in einigen Bereichen durch Rohöl ersetzbar, aus technischen Gründen allerdings nur begrenzt. Hintergrund des Lieferstopps Russlands ist der Ukraine-Krieg, der zu scharfen Sanktionen überwiegend westlicher Länder geführt hat.

Ein Grund, warum die Auswirkungen des russischen Schritts auf dem Rohölmarkt zunächst begrenzt geblieben sind, dürfte in China liegen. Dort sorgen strenge Corona-Maßnahmen der Regierung für erhebliche konjunkturelle Belastung. Unter der strikten Null-Covid-Politik dürfte auch die Nachfrage nach Öl, Benzin und Diesel leiden. China ist einer der größten Energieverbraucher der Welt.