Neuer IHS-Chef: "Ich werde niemandem nach dem Mund reden"
Was lange währt, wird endlich gut. Im dritten Anlauf ist, wie berichtet, Holger Bonin zum neuen Chef des Instituts für Höhere Studien (IHS) auserkoren worden. „Es war ein relativ schwieriger und langwieriger Prozess“, gibt Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Vizepräsidentin des Kuratoriums des IHS zu. Bonin wurde schließlich aus rund 130 Bewerbungen ausgewählt. „Wir wollten eine anerkannte Persönlichkeit mit hohem strategischen Denken“, begründete sie anlässlich der Präsentation des designierten neuen IHS-Chefs die Wahl.
Arbeitsmarktforscher
Bonin war zuletzt Forschungsdirektor des Instituts zur Zukunft der Arbeit in Bonn mit rund 40 Mitarbeitern. „Ein großes Institut hat mir noch gefehlt“, sagte Bonin bei seiner Präsentation gestern, Dienstag, in Wien. Laut einem Ranking der FAZ zählt er zu den zehn einflussreichsten Ökonomen Deutschlands, hob der interimistische IHS-Leiter Klaus Neusser hervor.
Bonins Spezialgebiete sind der Arbeitsmarkt und Bildung. „Die Themen ’Soziale Ungleichheit’ und gut gestaltete Bildung“, so Bonin, der sich selbst als politisch unabhängig bezeichnet. „Ich habe kein Parteibuch.“ Ebenso wenig entstamme er aus einer alten deutschen Adelsfamilie, wie einige meinen würden. „Ich bin ein Arbeiterkind und der erste in meiner Familie, der studiert hat.“
Kein Elfenbeinturm
„Ich werde mit allen reden, aber niemandem nach dem Mund reden“, sagte der Volkswirt. „Und ich werde auch etwas sagen, ohne gefragt worden zu sein.“ Seine Antworten seien nicht immer einfach. „Ich bin berüchtigt für differenzierte Antworten.“ Bonin möchte relevante Fragen der Politik und der Öffentlichkeit in die Wissenschaft tragen. „Sonst entsteht ein Elfenbeinturm.“ Sein Ziel sei es, Querschnittsthemen wie Dekarbonisierung, Digitalisierung, Künstliche Intelligenz oder Demografie im IHS neu zu etablieren. In seiner dann beginnenden Rolle als IHS-Chef solle man sich keine Revolution beim Institut erwarten, sondern eher eine Evolution.
Auch wenn er als Bürger politische Meinungen haben, würde er diese bei seiner Arbeit hintenan stellten. "Der Markt regelt nicht alles, aber der Staat auch nicht", fasste er seine Grundposition zusammen. Sein erster Eindruck von Österreich sei, dass die Politik hier stärker polarisiert sei als in Deutschland. "Das liegt an der Kleinheit des Landes." Und Österreich habe ganz andere wirtschaftliche Schwerpunkte. Bonin betonte aber, dass er noch kein "Österreich-Insider" sei und froh ist, noch bis 1. Juli Zeit zum Einarbeiten zu haben.