IT-Berufe: Spielerisch zur Code-Knackerin
Wenn es um Aufklärung geht, sind Bienen immer eine gute Wahl. In überdimensionaler Form müssen sie auf einer Verkehrsmatte aus Stoff von A nach B gelotst werden. Berührungsängste kennen die Kinder zumindest keine, als sie an dem gelb-schwarzen Insekt herumdrücken, um es zu bewegen. Der kleine Lern-Roboter „BeeBot“ soll bei Volksschülern die Problemlösekompetenz fördern – und mit der RoboBee-App so ganz nebenbei die Lust aufs Programmieren wecken.
Mitmach-Stationen
Spielerisch geht es am ersten „CodingDay“ in der Wirtschaftskammer-Zentrale in Wien-Wieden nicht nur am Bienentisch zu. Zahlreiche Mitmach-Stationen und Workshops laden Kinder und Jugendliche ein, selbst aktiv zu werden und in die Welt der Programmierung einzutauchen. „Coding & Chemie mit Minecraft entdecken“, lautet ein Workshop, bei dem Schüler mit Microsofts beliebtem Computer-Spiel Atome nachbauen und Protonen untereinander austauschen. Einen Stand weiter zieht der „Wunderwuzzi-Roboter“ die Blicke der Kleinsten auf sich. Diese können in Selbstbaukursen ihre eigenen Robos basteln.
„Es ist wichtig, dass man schon sehr früh das Interesse und vor allem die Selbstsicherheit im Umgang mit Technik weckt, insbesondere bei den Mädchen“, erläutert Anna Gawin, Gründerin von DaVinciLab.at. Später als Jugendliche würden zwar alle ein Smartphone bedienen und damit verschiedene Technologien verwenden, aber die wenigsten könnten sie selbst gestalten.
Alfred Harl, Obmann des Fachverbandes Unternehmensberatung/IT (UBIT), verweist vor allem auf den akuten Fachkräftemangel in der IT-Branche. Qualifiziertes Personal werde nicht nicht in Österreich gesucht. "Zu glauben, wir holen uns die IT-Fachkräfte aus dem Ausland, wird nicht funktionieren". Selbst auszubilden ist das Gebot der Stunde, wozu auch der neue Lehrberuf "Coding" beitragen soll. Mit erst rund 400 Lehrlingen ist noch Luft nach oben.
Lehrlings-Hackathon
Um mehr Lust aufs Entwickeln eigener Applikationen zu wecken, findet am CodingDay erstmals ein eigener „Lehrlings-Hackathon“ statt. 80 Lehrlinge von 17 Unternehmen nehmen an diesem von DaVinciLab organisierten Wettbewerb teil und programmieren mithilfe von Tools ihre eigenen Programme (Apps) oder Spiele. Die Aufgabe lautet: Entweder eine nützliche App für den eigenen Lehrbetrieb oder eine Umwelt-App zu programmieren.
Die Teams haben fünf Stunden Zeit für ihr Projekt und werken in einem fensterlosen Raum fleißig vor sich hin. Unter den Teilnehmern befinden sich auch Lehrlinge des im Herbst neu eingeführten Lehrberufs „Applikationsentwicklung/Coding“. Eine davon ist Carina, die mit ihrem Team von der IT-Firma Atos eine eigene -App für U-Bahn, Bus und Auto entwickelt. „Damit können die Mitarbeiter sehen, wie viel sie auf dem Weg zur Arbeit verbrauchen“, erläutert Carina.
Die 18-Jährige ist eine der wenigen weiblichen IT-Lehrlinge. „Ich bin eine Zockerin“, nennt sie einen Grund für die Berufswahl. „Ich spiele extrem gerne Puzzle- oder Rollenspiele.“ Mit dem einfachen Gratis-Programmiertool „Badge“ habe sie schon vor ihrer Lehre als Hobby ein kleines Minispiel programmiert. Atos-Personalchef Bernd Schauer ist es ein besonderes Anliegen, mehr Lehrstellen im Betrieb an Mädchen zu vermitteln, vier hat er bereits. „Die stehen den männlichen Lehrlingen in Auffassungsgabe und technischem Verständnis in nichts nach – im Gegenteil, sie machen einen super Job.“
Wer gerne programmiert oder sich generell für Software/Hardware oder IT-Systeme interessiert, hat drei Lehrberufe zur Auswahl: Applikationsentwicklung/Coding, Informationstechnologie/Systemtechnik und Informationstechnologie/Betriebstechnik. Nähere Infos unter it-lehre.wien
Anleitung
Beim so genannten „Coding“ (zu Deutsch: Programmieren) wird ein Code geschrieben. Das ist wie eine Schritt-für-Schritt-Anleitung für den Computer. Mit Codes können Webseiten, Spiele oder Handy-Apps programmiert werden. Es gibt viele Programmiersprachen, von sehr einfachen visuellen Programmiersprachen wie Scratch, über Skript-Sprachen für Webbrowser wie z.B. JavaScript, bis hin zu komplexen Programmiersprachen wie Python oder Java.
Hackathon
Das Wort Hackathon setzt sich zusammen aus „Hacken“ und „Marathon“. Hacken stammt vom engl. Hack (technischer Kniff) bzw. to hack (so viel wie tüfteln, experimentieren).
Gemeint ist damit eine Veranstaltung, bei der Jugendliche in Teams ihre eigenen Computerprogramme designen und erstellen. Hackathons dauern normalerweise einige Stunden bis maximal einen Tag. Am Ende bewertet eine Fachjury die Projekte und zeichnet die besten Apps aus.
Die Gewinner-Apps
Gewinner des Tages ist eine App, die hilft, die „kleinen Probleme des beruflichen Alltags zu lösen“, wie es heißt. Porsche-Lehrling Slaven entwickelte eine Info-App für seinen Lehrbetrieb, damit sich Kundenberater und Mechaniker besser vernetzen können. Zweiter Sieger sind Lehrlinge der Donau Versicherung. Ihre bildhafte App soll Jugendlichen „die Natur näher bringen“. Diese komme bei all der Digitalisierung nämlich oft zu kurz. Ein nicht unwichtiger Nebeneffekt des Lehrlings-Hackathons ist auch das gemeinsame Tüfteln und Handeln an einem Projekt. So erzählt am Ende eine Gewinnerin ganz stolz: „Wir haben auch miteinander geredet.“
Hinweis: Diese Serie wird in Kooperation mit der WKÖ unter redaktioneller Unabhängigkeit publiziert. Wir bedanken uns bei den Jugendlichen, ihren Eltern und den Unternehmen für die Mitwirkung.