KSV kritisiert Insolvenzverschleppung
Der KSV kritisiert grundlegende Details der Corona-Gesetze, die zu einer "Insolvenzverschleppung" führten: Gewisse Firmen brauchen derzeit etwa keine positive Fortbestandsprognose, Finanz und Gesundheitskassa stellen keine Insolvenzanträge. Es gibt weniger Insolvenzen als üblich. Der KSV warnt nun vor deutlichen Konsequenzen für die heimische Wirtschaft bei Fortführung dieses Vorgehens.
"Nur weil weniger Insolvenzen vor Gericht angemeldet werden, heißt das noch lange nicht, dass weniger Unternehmen zahlungsunfähig geworden sind", warnt KSV-Insolvenzexperte Karl-Heinz Götze vor einer Missinterpretationen der Insolvenzstatistik.
Verzerrung
Es gibt mehrere Gründe für die vom Kreditschutzverband von 1870 (KSV) thematisierte Verzerrung. So wurde die Frist für Insolvenzanträge, etwa bei Zahlungsunfähigkeit, von 60 auf 120 Tage ausgeweitet. Eine Vielzahl der Unternehmen würde zuwarten und hoffen, mithilfe staatlicher Mittel aus der Krise zu kommen. Zudem stellen die österreichischen Finanzbehörden sowie die Gesundheitskassen keine Insolvenzanträge - sie sind aber in Normalzeiten die Hauptantragssteller. Auch brauchen Kapitalgesellschaften derzeit keine positive Fortbestehensprognose, weil diese oft gar nicht möglich ist.
"Der KSV plädiert für eine Beendigung der Nicht-Antragstellung im Fall von insolventen Unternehmen per 30. Juni 2020 und damit für die rasche Wiederaufnahme des bereits in der Vergangenheit gut funktionierenden österreichischen Insolvenzsystems", schreiben die KSV-Chefs Ricardo-Jose Vybiral und Hannes Frech in einem Offenen Brief. Nicht der Insolvenzantrag ist das Problem; die negativen Auswirkungen bei einer Verschleppung schaden allen Beteiligten massiv. So hat weder das Unternehmen eine Chance auf Sanierung; Gläubiger erhalten nicht einmal einen Bruchteil ihrer Forderungen; Arbeitsplätze werden unnötig vernichtet und die Erholung der heimischen Wirtschaft wird auf die lange Bank geschoben."
"Mit diesem Vorgehen werden Unternehmen regelrecht dazu ermutigt, mit einem Insolvenzantrag zuzuwarten", kritisiert Götze. "Das kann bedeuten, dass sie nicht rechtzeitig die Chance erhalten, durch ein Insolvenzverfahren ihr Unternehmen zu sanieren und so einen Neubeginn zu starten."
Der KSV spricht von einem "auf die lange Bank schieben" der Insolvenzen. Das sei "nicht sinnvoll". Ein Insolvenzverfahren biete die Chance auf einen "ehrlichen und besonders nachhaltigen Neubeginn": Ein Hinauszögern der Antragstellung vermindere nicht nur die Entschuldungschancen, sondern vergrößere womöglich bereits bestehende Vermögensschäden.
Folgeprobleme
Durch die aktuelle Handhabe seitens der Finanz- und den Gesundheitskassen, keine Insolvenzanträge zu stellen, werde kein Problem gelöst, sondern vielmehr die Tatsache von kränkelnden Unternehmen negiert, bemängelt KSV-Geschäftsführer Vybiral. "Durch diese Form der Insolvenzverschleppung werden die Probleme der gesamten Wirtschaft nur noch weiter vergrößert anstatt sie zu verringern. Es ist jetzt an der Zeit, zu einer wettbewerbsorientierten Volkswirtschaft zurückzukehren. Nur so investieren wir tatsächlich in eine erfolgreiche Zukunft eines gestärkten österreichischen Wirtschaftsstandortes."
Konkret haben die Firmen nun länger als ursprünglich geplant die Möglichkeit, ihre Sozialversicherungsbeiträge (auch rückwirkend bis Februar) stunden zu lassen. "Mit ihrer Verordnung hat die Bundesregierung die notwendige Rechtssicherheit für Unternehmen geschaffen und der ÖGK den gesetzlichen Handlungsspielraum ermöglicht, um Betriebe weiterhin bei coronabedingten Liquiditätsengpässen entlasten zu könne", teilte die ÖGK dazu zuletzt mit. Bis 15. Jänner 2021 sind die Beiträge zu zahlen.
Für Beitragszeiträume ab Mai sieht das Gesetz bei coronabedingten Zahlungsschwierigkeiten verzugszinsenpflichtige Stundungen bzw. Ratenzahlungen vor. Anträge können frühestens ab Veröffentlichung des Gesetzes voraussichtlich Ende Juli gestellt werden. Die Beiträge für Mitarbeiter in Kurzarbeit, Risikofreistellung oder Absonderung sind von der Stundung ausgenommen.