Zwischen Uni und Job
Von Andrea Hlinka
Claudia K. ist 20 Jahre alt, studiert Jus, wohnt im Haus der Eltern, bekommt Familienbeihilfe, Taschengeld von den Eltern und, um sich nicht laufend für Ausgaben rechtfertigen zu müssen, verdient sie sich ein wenig mit Gelegenheitsjobs dazu.
John A. ist Anfang 20, stammt aus England, studiert an der Uni Wien, wohnt im Studentenheim, muss arbeiten gehen, um sich sein Zimmer, sein Essen, sein Leben leisten zu können. Er steht noch am Anfang des Studiums. Ob es sich in Mindeststudienzeit ausgehen wird, ist noch nicht absehbar. Die Doppelbelastung aber zehrt an ihm.
Julia H. ist Anfang 30, arbeitet Vollzeit. Sie ist clever, belastbar, gilt als vielversprechend. Um eine Führungsfunktion übernehmen zu können, ist ein Titel Voraussetzung. Also studiert sie seit einigen Semestern an einer FH, mittlerweile im Master. Jedes zweite Wochenende ist sie an der Hochschule, Seminararbeiten schreibt sie, wann auch immer möglich. Sie liebt den Job, wollte immer studieren, nimmt die wenige Freizeit – für ein paar Jahre – in Kauf.
Die Lebensrealitäten der drei sind völlig verschieden, aber alle drei zählen zu jenen 84 Prozent der Studierenden in Österreich, die einen Job haben. Das zeigt eine aktuelle Umfrage unter 6579 Studierenden im Auftrag von Österreichischer HochschülerInnenschaft (ÖH) und der Gewerkschaft GPA-djp.
Mehr als 20 Stunden
Weitere Ergebnisse: 63 Prozent sieht das Studium als Haupt- und die Arbeit als Nebentätigkeit, 29 Prozent meinten: "Ich arbeite und studiere nebenbei".
Bei 44 Prozent hat der Job nichts mit der Studienrichtung zu tun. Die Interpretation der ÖH ist, dass diese Jobs somit hauptsächlich der Finanzierung des Lebensunterhaltes dienen.
Ein Drittel arbeitet der Studie zufolge bis zu zehn Wochenstunden, 31 Prozent wenden mehr als 20 Wochenstunden für Arbeit auf. Fast die Hälfte (45 Prozent) der berufstätigen Studenten arbeitet nur innerhalb der Geringfügigkeitsgrenze.
Insgesamt gibt jeweils ein Drittel an, kein Urlaubs- und Weihnachtsgeld, keinen Urlaubsanspruch und keinen Anspruch auf bezahlten Krankenstand zu haben.
Positiv ist jedoch, dass der große Anteil der Befragten (rund 64 Prozent), über einen Dienstvertrag verfügt. Nur eine Minderheit, vor allem Studierende mit geringer Wochenarbeitszeit, ist über einen freien Dienstvertrag oder Werkvertrag (zwölf bzw. vier Prozent) beschäftigt.
Arbeit: schön oder prekär?
Was die Studie nicht abbildet, ist, ob die Studierenden gerne arbeiten. Klar ist, dass manche arbeiten, weil sie sonst nicht überleben können. Oft leidet das Studium darunter, denn die Studierenden kommen in einen Teufelskreis: Sie müssen arbeiten, kommen nicht zum Studieren, brauchen für das Studium länger als vorgesehen, bekommen keine Beihilfe, müssen Studiengebühren zahlen, müssen mehr verdienen, kommen nicht zum Studieren, und so weiter. Das ist ein Problem und ruft nach einer Reform des Studienbeihilfe- und Stipendiensystems. Denn Studierende aus sozial schwächeren Familien oder ausländische Studierende dürfen keinen Nachteil haben.
Doch bei Weitem nicht alle Studierenden arbeiten unfreiwillig, sondern wollen einen Job. Die Voraussetzung dafür ist ein Dienstverhältnis, das rechtens ist und nicht ausbeutet. Doch auch davon gibt es noch einige. Um prekäre Arbeitsverhältnisse weiter zurückzudrängen, fordern die Studienautoren daher eine "Aktion Scharf": Arbeitsverhältnisse von Studierenden sollen kontrolliert werden.
Eine aktuelle Umfrage von der ÖH und der Gewerkschaft GPA-djp zeigt, dass 19 Prozent der befragten Studierenden nicht weiß, welches Dienstverhältnis sie haben. Um sich nicht völlig aus der Eigenverantwortung zu stehlen, hier gibt’s Informationen:
Sozialreferat ÖH Das Sozialreferat der Österreichischen HochschülerInnenschaft kann kompetent alle Fragen zu Arbeit und Studium beantworten, oeh.univie.ac.at. Seit dem Sommersemester 2014 bietet die ÖH in Zusammenarbeit mit GPA-djp auch einen Vertragscheck an, für alle Fragen rund um Arbeitsverträge, Arbeitsrecht, Arbeitnehmerschutz, Versicherung, Dienstverhältnisse und Konsumentenschutz.
Arbeiterkammer Die Arbeiterkammer hat auf ihrer Webseite www.arbeiterkammer.at viele Infos zum Thema, einen Brutto-Netto-Rechner bruttonetto.arbeiterkammer.at und Steuertipps für Studierende.
Universitäten Die meisten Universitäten haben ein Referat, an das sich Studierende wenden können, etwa https://studentpoint.univie.ac.at