Zum Weltfrauentag - Margarete Schütte-Lihotzky: Ohne sie, wäre unser Alltag weniger komfortabel
Fünf Entdeckungen, ohne die wir heute nicht leben könnten oder wollten. Fünf österreichische Pionierinnen, die die Geschichte mit ihren Neuerkundungen geprägt haben. Fünf bemerkenswerte Frauen, die diese Woche - zum Weltfrauentag am 8.3. - vor den Vorhang geholt werden.
Pionierin Nummer zwei: Margarete Schütte-Lihotzky
Sie war die erste Frau Österreichs, die ein Architekturstudium abschloss, entwarf direkt danach den Prototyp der Siedlerhütte und machte mit ihrer Erfindung der „Frankfurter Küche“ – dem Urtyp der modernen Einbauküche – unser Alltagsleben um einiges komfortabler.
Ich wollte Architektin werden, weil ich zur Linderung des Wohnungselends beitragen wollte.
Die Wienerin Margarete Schütte-Lihotzky wurde 102 Jahre alt, verstarb nur fünf Tage vor ihrem 103. Geburtstag und verbrachte die letzten 30 Lebensjahre in dem Bezirk, in dem sie auch aufgewachsen ist: in Margareten.
In einer 55 Quadratmeter großen Wohnung in der Franzensgasse. Ein Ort, der auch mehr als 20 Jahre nach ihrem Tod noch im Originalzustand erhalten ist. Dafür hat das Bundesdenkmalamt Sorge getragen. Zu historisch wertvoll sei der Nachlass einer der wichtigsten Architektinnen dieses Landes.
Ihr Werdegang
Die zeichnerische Begabung Schütte-Lihotzkys zeigte sich früh. Sie besuchte zuerst die grafische Lehranstalt und studierte später als erste Frau an der Kunstgewerbeschule Wien.
Ihr Abschluss im Jahr 1919 fiel zusammen mit dem Beginn der Ersten Republik und den damit einhergehenden Neuerungen für die Gesellschaft. Darunter das allgemeine Wahlrecht für Frauen.
Frauen hatten mehr Möglichkeiten und dennoch musste Österreichs erste Architektin gegen die Bedenken ankämpfen, dass sich „kein Mensch von einer Frau etwas bauen lassen wird“. Auch sie selbst hatte ihre Zweifel und doch war der Wille zur Veränderung größer.
Gegen das Wohnelend, hin zum Komfort
Insbesondere dann, als ihr Lehrer Oskar Strnad ihr das vorherrschende Wohnelend in den Arbeitervierteln vor Augen führte. Also machte sich Schütte-Lihotzky für die Siedlerbewegung stark, arbeitete an Gemeindebauten, entwarf Möbel, später auch Schulen und Kindergärten. Ende der 1920er Jahre konzipierte sie Wohnungen für alleinstehende, berufstätige Frauen.
Um die Hausarbeit zu erleichtern, realisierte sie das Konzept der „Frankfurter Küche“ – der Urtyp der praktischen Einbauküche. Erstmals ausgestellt wurde diese 1922 im Wiener Rathaus.
Auf der Wiener Kleingarten-Siedlungs- und Wohnbauausstellung waren Siedlerhäuser samt Mustereinrichtungen zu besichtigen, ausgestattet mit kompletten Einrichtungen der damals gerade 26 Jahre alten Architektin.
Ihre weiteren Stationen
Ihr Talent blieb auch international nicht unentdeckt: 1926 wurde die Architektin nach Frankfurt am Main an das städtische Hochbauamt berufen, wo neue Siedlungsanlagen geplant wurden.
1930 plante sie mit ihrem Ehemann Wilhelm Schütte, ebenfalls Architekt, neue Wohnstädte in der Sowjetunion.
1938 fand das Paar in Istanbul Exil und arbeitete an der Académie des Beaux-arts, bis sich Schütte-Lihotzky am Widerstand gegen den Nationalsozialismus beteiligte.
Ihr politisches Engagement widmete sie nach Ende des Zweiten Weltkriegs auch der Frauen- und Friedensbewegung. Als Präsidentin des neu gegründeten Bundes Demokratischer Frauen Österreichs (BDFÖ) war sie ab 1948 aktiv.