Drastischer Schritt: Papst ordnet Vatikan-Finanzen neu
Mit einer drastischen Maßnahme will Papst Franziskus eine Verflechtung von Macht und Geld beenden, die dem Vatikan zuletzt immer wieder negative Schlagzeilen bescherte: Das vatikanische Staatssekretariat bekommt seine Hoheit über beträchtliche Kapital- und Immobilienwerte entzogen. Künftig muss die Behörde einen Budgetplan aufstellen und genehmigen lassen.
Das soll die Verwaltung "evangeliumsgemäßer, transparenter und effizienter" machen, schrieb Franziskus in einem am Donnerstag veröffentlichten Brief an Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, Leiter der obersten Kurieneinrichtung und zweitmächtigster Mann der Kirche.
Das Staatssekretariat hat Geld, viel Geld. Noch unter Papst Paul VI. (1963-78) Anfang der 1970er-Jahre angelegt, diente der Eigenfonds der Spitzenbehörde als Kasse für unterschiedlichste Notlagen. Neben dem "Institut für die religiösen Werke" (IOR, auch bekannt als "Vatikanbank") und der päpstlichen Güterverwaltung APSA galt der Sondertopf als "dritte Bank" des Vatikans. Angesichts rückläufiger Zuwendungen aus der Weltkirche setzte das Staatssekretariat seine Pfründe zuletzt vor allem dafür ein, Renditen für den Unterhalt des weltweiten diplomatischen Apparats und laufender Kosten zu erwirtschaften. Das verleitete zu Geschäften, auf denen kein Segen lag.
Als besonderer Fluch erwies sich zuletzt eine Geschäftsimmobilie an der Londoner Sloane Avenue, die der Vatikan über Partnergesellschaften in mehreren Schritten seit 2014 und unter beträchtlichen Verlusten erwarb. Der Einsatz einschließlich der Ablösung von Hypotheken soll nach unterschiedlichen Recherchen einen mittleren dreiststelligen Millionenbetrag betragen. Zum Ärgernis wurde das Investment auch, weil in die Anlage offenbar Spenden flossen, die für caritative Zwecke gedacht waren. Inzwischen ermittelt die vatikanische Staatsanwaltschaft wegen Betrugs, Korruption und Geldwäsche.
Mit dem Londoner Immobilienhandel verbunden ist der Name von Enrico Crasso, in der Schweiz tätiger römischer Banker und zugleich Manager der maltesischen Fondsgesellschaft Centurion. Auch dort soll die Kirchenleitung laut italienischen Medienberichten mit 50 Millionen Euro beteiligt sein. Für beide Investments ordnete Franziskus nun an, der Vatikan müsse "so schnell wie möglich aussteigen oder wenigstens in einer Weise darüber verfügen, dass jedes Risiko einer Rufschädigung unterbunden wird".
Mit dem gleichen Schreiben, das auf den 25. August datiert und - ungewöhnlich für den Vatikan - als Faksimile publiziert wurde, teilte der Papst dem Kardinalstaatssekretär weitere Veränderungen mit: Die Verwaltung des gesamten Sondervermögens ist an das zentrale Wirtschaftsamt APSA zu übertragen; künftig hat seine Behörde in Finanzdingen die gleichen Antrags- und Verfahrenswege einzuhalten wie die anderen Kurienämter; das Wirtschaftssekretariat übt seine Kontrollfunktion auch über das Staatssekretariat aus. Letzteres ist ein delikater Punkt. Vor fünf Jahren gerieten darüber der damalige Substitut im Staatssekretariat, Angelo Becciu, und Kardinal George Pell als Chef des Wirtschaftssekretariats heftig aneinander.
Papst Franziskus stellt die Maßnahmen als Teil seiner Kurienreform dar, die den Leitungsapparat mehr auf den Dienst an der Glaubensverkündigung ausrichten soll. Unter dieser Rücksicht sei es "weder nötig noch opportun", dass sich das Staatssekretariat mit einer Finanzverwaltung befasst, die anderen Organen zugeordnet ist. In der gleichen Linie einer Entflechtung liegt auch, dass der Kardinalstaatssekretär seit September nicht mehr im Aufsichtsgremium der Vatikanbank IOR sitzt.
Der Sache nach sind die Maßnahmen nicht überraschend. Der jetzige Wirtschaftspräfekt Juan Antonio Guerrero hatte eine Neuordnung der Finanzverwaltung und -kontrolle bereits am 1. Oktober angekündigt. Mit der Veröffentlichung des Papstbriefs verlieh der Vatikan der Sache jedoch Transparenz und Nachdruck. Im gleichen Zusammenhang teilte das Presseamt mit, dass der Papst bei einem Treffen mit Parolin und den Wirtschaftsverantwortlichen des Vatikan am Mittwoch dieser Woche eine Kommission ins Leben rief, die eine Umsetzung binnen drei Monaten begleiten soll.
Mitglieder sind APSA-Chef Nunzio Galantino, Wirtschaftspräfekt Guerrero und der Substitut des Staatssekretariats, Edgar Pena Parra. Just am Donnerstag erschien in der Zeitung "La Stampa" ein Bericht, in dem ein Beschuldigter in der Londoner Investment-Affäre seinerseits Vorwürfe gegen Pena Parra erhebt: Demnach war der Substitut an den Verhandlungen über den endgültigen Erwerb der maledeiten Immobilie beteiligt.