Zoff bei Borealis: Aktionäre verweigern Vorständen die Entlastung
Den Verkauf seiner Düngemittelsparte an den tschechischen Unternehmen Agrofert hat der Wiener Petrochemie-Konzern Borealis noch nicht ganz in trockenen Tüchern, da hört man hinter den Kulissen, dass ein massives Problem aufgepoppt ist. Handlungsort war die Borealis-Hauptversammlung, die vor etwa 14 Tagen stattgefunden hat.
„Die Aktionäre der Borealis haben einzelne Vorstandsmitglieder des Unternehmens für das Geschäftsjahr 2022 vorläufig nicht entlastet. Der Vorstand wurde zur Vorlage von entscheidungsrelevanten Informationen zu einigen Projekten aufgefordert“, sagt OMV-Sprecher Andreas Rinofner auf Anfrage des KURIER. „Zu weiteren Details können wir derzeit keine Stellung nehmen.“ Verweigert wurde die Entlastung dem Borealis-Vorstandschef Thomas Gangl und zwei seiner vier Vorstandskollegen.
Zwei Problemfälle
Die Borealis AG gehört zu 75 Prozent der OMV, das restliche Viertel hält der staatseigene Ölkonzern Adnoc aus Abu Dhabi. Bei zumindest zwei Borealis-Projekten soll es ganz konkrete Vorwürfe gegen einzelne Vorstände geben. In einem Fall soll es sich angeblich um wirtschaftliche Erfolglosigkeit drehen, wie Insider behaupten, und bei dem zweiten Fall soll es massive Compliance-Vorwürfe geben. So sollen bei einem Großprojekt die Kosten aus dem Ruder gelaufen sein. Demnach soll es bei einem Joint-Venture für den Bau einer Anlage in Texas zu Verzögerungen gekommen sein, weil der Engineering-Partner der Joint-Venture-Firma in die Insolvenz (Chapter-11) geschlittert ist.
Sozialbetrug
Außerdem soll es 2022 auf einer Baustelle für eine Propan-Dehydrierungsanlage (PDH) im belgischen Kallo durch einen Subauftragnehmer „zu Sozialbetrug in großem Stil und möglichen Menschenhandel“ gekommen sein. Im Sommer 2022 flog der Fall auf. Die belgischen Behörden ermittelten. Der Bau wurde zwischenzeitlich gestoppt, Borealis kündigte die Verträge, 1.000 Beschäftigte waren betroffen. Ein Borealis-Mitarbeiter soll schon im Mai 2022 von den Vorwürfen erfahren haben, er will die belgische Sozialaufsicht informiert haben. Borealis selbst hat diesen Fall auf ihrer Homepage auch hierzulande publik gemacht.