Aktie von Delivery Hero um mehr als 30 Prozent eingebrochen
Der Essenslieferdienst Delivery Hero hat den Anlegern mit seinen Zahlen den Appetit verdorben. Die Aktie des Dax-Konzerns brach am Donnerstag um mehr als 31 Prozent auf 46,02 Euro ein - so stark wie nie zuvor.
Zeitweise unterbrach die Börse den Handel wegen übermäßiger Kursschwankungen der Aktie. Anlegern schlug auf den Magen, dass die Verluste höher ausfielen als erwartet und das Unternehmen beim Blick nach vorn vorsichtig ist.
Für das laufende Jahr peilt der Vorstand einen Bruttowarenwert von 44 bis 45 Milliarden Euro an, wie das in Österreich mit Mjam vertretene DAX-Unternehmen am Donnerstag in Berlin mitteilte. Davon sollen 1 bis 1,2 Prozent als operativer Verlust vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) anfallen. Das Management rechnet also mit einem weiteren Jahr mit hohen Verlusten.
Der Börsenwert fiel damit um fast 5 Mrd. Euro auf nur noch 12 Mrd. Euro. Zu den besten Zeiten war das Unternehmen mehr als 36 Mrd. Euro wert gewesen. Die Aktie entfernt sich damit immer weiter von ihrem Rekordhoch in Höhe von 145,40 Euro vor gut einem Jahr. Seit Mitte November vergangenen Jahres geht es bergab für den Delivery-Hero-Kurs. Alleine heuer verlor die Aktie mehr als 50 Prozent.
Noch nie Gewinn erzielt
Sollte Delivery Hero mit einem Minus von rund 30 Prozent aus dem Handel gehen, wäre es einer der größten prozentualen Tagesverluste einer Aktie in der Geschichte des DAX. Das heftige Minus ist Wasser auf die Mühlen der Kritiker des Konzerns und des Aufstiegs in den deutschen Leitindex im Sommer 2020. Damals folgte Delivery Hero auf den insolventen Zahlungsabwickler Wirecard. Da der Essenslieferant noch nie Gewinn erzielte, sorgte die Aufnahme in den DAX für zum Teil heftige Kritik. Die Deutsche Börse hat inzwischen darauf reagiert und die Regeln geändert - inzwischen muss ein Unternehmen profitabel sein, um in die oberste deutsche Börsenliga aufgenommen werden zu können.
Im vergangenen Jahr legten die Erlöse um 89 Prozent auf 6,6 Milliarden Euro zu. Für den Wert der von Kunden bestellten Waren (Bruttowarenwert) prognostiziert das Unternehmen 44 bis 45 Milliarden Euro im laufenden Jahr. Diesen Wert will das Unternehmen bis 2030 auf mindestens 200 Milliarden Euro erhöhen.
Delivery Hero wächst, weil sich Menschen in der Corona-Krise daran gewöhnt haben, ihre Mahlzeiten online zu bestellen und nach Hause liefern zu lassen. Allerdings will Delivery Hero seine Kunden nicht nur mit Restaurantessen versorgen, sondern auch mit Lebensmitteln und anderen Supermarktartikeln. Deswegen betreibt Delivery Hero weltweit mehr als 1000 Lager, muss sich hier allerdings auch gegen gut finanzierte Startups wie Getir, Flink und Gorillas zur Wehr setzen. Um einen Fuß in diesem Markt zu haben, hat sich Delivery Hero im vergangenen Jahr an Gorillas beteiligt.
Finanzchef Emmanuel Thomassin erwartet, dass die Konsolidierungswelle in der Branche anhält. Die Investitionen in das Lagernetz, Lieferfahrer sowie in neue Märkte und Übernahmen wie jüngst die des spanischen Wettbewerbers Glovo halten Delivery Hero seit Jahren in der Verlustzone fest. Um die Kosten in den Griff zu bekommen, hat sich das in Berlin ansässige Unternehmen angesichts der scharfen Konkurrenz durch Lieferando-Eigner Just Eat Takeaway.com, Wolt und Uber Eats schnell wieder aus Deutschland zurückgezogen und will außerdem das Japan-Geschäft verkaufen. In Berlin werde nur ein Forschungszentrum bleiben, um Innovationen zu testen, sagte Firmenchef Niklas Östberg.
Das Unternehmen sei auf dem besten Weg, 2022 ein positives bereinigtes Betriebsergebnis (Ebitda) für das Plattformgeschäft - also die Essenslieferungen - zu erzielen, erklärte Delivery Hero. Wie das geht, hat Uber Eats im vierten Quartal bereits vorgemacht. In einem Reuters-Interview im Januar hatte Östberg eine Kehrtwende für den Gesamtkonzern angekündigt: „Wir wollen 2023 in einer Position sein, um die Gewinnschwelle auf Konzernebene knacken zu können.“ 2022 soll sich zunächst die am Bruttowarenwert gemessene Ebitda-Marge auf minus 1,0 bis 1,2 Prozent verbessern. Bis 2030 soll sie dann bei fünf bis acht Prozent liegen.