Vorwürfe gegen Mohamed Al-Fayed: Behörde lehnte zweimal Ermittlungen ab
Die britische Staatsanwaltschaft hat eingeräumt, bereits vor Jahren erhobenen Vorwürfen der sexuellen Gewalt gegen den ägyptischen Unternehmer Mohamed Al-Fayed nicht nachgegangen zu sein. In den Jahren 2009 und 2015 habe die Staatsanwaltschaft entschieden, diese Anschuldigungen gegen den vormaligen Chef des Londoner Luxuskaufhauses Harrods nicht weiter zu untersuchen, sagte am Sonntag ein Sprecher der Ermittlungsbehörde Crown Prosecution Service (CPS).
Zahlreiche Vorwürfe der Vergewaltigung und anderer sexueller Gewalt gegen den im vergangenen Jahr im Alter von 94 Jahren verstorbenen Unternehmer schlagen seit einigen Tagen in Großbritannien hohe Wellen. Der Sender BBC hatte am Donnerstagabend eine Dokumentation mit dem Titel "Al Fayed: Predator at Harrods" ("Al-Fayed: Das Raubtier bei Harrods") ausgestrahlt.
Darin sagten fünf ehemalige Harrods-Angestellte aus, sie seien von dem Unternehmer vergewaltigt worden. Fünf weitere berichteten von Vergewaltigungsversuchen, 13 weitere wurden nach eigenen Angaben von ihrem Chef sexuell belästigt.
Am Freitag gab dann ein Anwaltsteam Zivilklagen von 37 Frauen aus aller Welt gegen Harrods sowie das Nobelhotel Ritz in Paris bekannt, das ebenfalls im Besitz von Al-Fayed war. Sie werfen den Unternehmen vor, sie nicht vor den Gewaltakten des Eigentümers geschützt zu haben. Der Anwalt Dean Armstrong bezeichnete Al-Fayed als "Monster", das von einem "System" gedeckt worden sei.
Am Sonntag teilte das Anwaltsteam dann mit, dass bei ihm inzwischen weitere 150 Meldungen zum Fall Al-Fayed eingegangen seien. Dabei handle es sich um "Überlebende sowie Personen, die Beweise" gegen Al-Fayed hätten.
Der CPS-Sprecher sagte, dass die Polizei seiner Behörde in den Jahren 2009 und 2015 Informationen zu den Gewaltvorwürfen gegen den Unternehmer vorgelegt habe. Diese Informationen seien von der Strafverfolgungsbehörde auch "aufmerksam" geprüft worden. Doch sei der CPS damals zu dem Schluss gelangt, dass sie für die Aufnahme von Ermittlungen nicht reichen würden, sagte der Sprecher. Voraussetzung für Ermittlungen sei, dass "eine realistische Perspektive der Verurteilung existiert". Diese habe die Behörde aber nicht gesehen.
Nach Informationen der BBC hatte eine damals 15-Jährige im Jahr 2008 Al-Fayed einen sexuellen Angriff in einem Versammlungsraum bei Harrods vorgeworfen - den dieser bestritt. 2013 beschuldigte eine Frau ihn der Vergewaltigung. In beiden Fällen entschied der CPS, den Anschuldigungen nicht nachzugehen.
Leiter des CPS war von 2008 bis 2013 der heutige britische Premierminister Keir Starmer. Ein Sprecher des seit Juli amtierenden Regierungschefs erklärte, dass Starmer in seiner damaligen Funktion nicht mit den Vorwürfen gegen Al-Fayed befasst gewesen sei und diese ihm auch "nicht zur Kenntnis gebracht" worden seien.
Mohamed Al-Fayed war der Vater von Dodi Al-Fayed, der 1997 gemeinsam mit Diana, der geschiedenen Frau des damaligen britischen Thronfolgers Prinz Charles, bei einem Autounfall in Paris ums Leben gekommen war.