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Jenny und John Jürgens über den neuen Udo-Song, Kritik und die pikante Biografie

"Ich hab’ noch was vergessen, hier bei dir. Als ich fortging, blieb etwas von mir hier ...“ – 1985 hat der große Entertainer Udo Jürgens (gestorben am 21. Dezember 2014) das Lied „Als ich fortging“ geschrieben. In einer jazzigen Version (seine musikalischen Wurzeln lagen ja im Jazz), veröffentlicht wurde es aber nie. 

Bis jetzt – denn seine Kinder Jenny und John Jürgens haben es wiederentdeckt und von Schlagzeuger und Komponist Curt Cress (hat schon mit Superstars wie Freddie Mercury oder Tina Turner gearbeitet), der dabei freie Hand hatte, komplett neu arrangieren lassen. „Er hat es sehr orchestral gemacht – großes Kino“, so John Jürgens im KURIER-Interview.

Jürgens und Bassey

Apropos Kino, ein bisschen erinnert der Song an James Bond – spannendes Detail am Rande: einst komponierte Jürgens das Lied „Reach For The Stars“, welches Shirley Bassey 1961 zum Welthit machte. Und Bassey steuerte mit „Goldfinger“, „Diamonds Are Forever“ und „Moonraker“ gleich drei große 007-Titelsongs bei. So schließt sich dann irgendwie der Bond-Bassey-Jürgens-Kreis.

Jedenfalls sind sich die Kinder sicher, dass ihrem Papa Udo die Cress-Version von „Als ich fortging“ gefallen hätte. Überhaupt habe sie der Fund „echt umgehauen“. Man hätte es eigentlich auch a cappella veröffentlichen können, denn „Udo singt so klar, so gut, so 150 Prozent. Er hat immer alles gegeben, auch auf einem Demoband“, so John. „Seine Botschaften verstehen, das war ihm immens wichtig.“

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Ob Udo Jürgens ursprünglich dieses Herz-Schmerz-Trennungs-Lied an eine bestimmte Frau gerichtet hat, lässt sich nicht mehr eruieren. „Er hat ja viel autobiografisch geschrieben, aber bei dem Song wissen wir es nicht. Es kann sein, dass er jemanden im Sinn hatte. Es geht ja um die Geschichte eines Mannes, der nachdenkt und sagt: Ich hab etwas vergessen bei dir und es ist nicht das und auch nicht das. ,Und am Ende warst das immer nur du.’ Und er ist verzweifelt“, sagt John.

Das Video dazu ist auch irgendwie eine Hommage an Wien, „der Begegnungsstätte“ der ganzen Familie. „Viele bedeutende Momente haben hier statt- und schlussendlich hat Udo hier auch seine letzte Ruhestätte gefunden. Und Wien ist natürlich eine dankbare Kulisse. Das hat sich förmlich aufgedrängt“, erklärt Jenny.

Melancholisch, alles gedreht in Schwarz-Weiß, spaziert da der deutsche Schauspieler Albrecht Schuch („Im Westen nichts Neues“) durch Wien. „Er ist einfach ein unglaublich guter Schauspieler mit einem tollen Charaktergesicht. Deswegen haben wir uns wahnsinnig gefreut, dass er das auch zugesagt hat“, so Jenny, die mit Schuch zusammen in einer Fernsehsendung aufgetreten ist.

Euphorie und Kritik

Über 300.000-mal wurde das Lied auf Youtube schon angehört, zahlreiche Jürgens-Fans kommentierten es euphorisch. Doch es gibt auch weniger angetane Stimmen, ein Musikkritiker des deutschen Magazins "Stern" schrieb zum Beispiel von einem kitschigen Geigen-Viagra.

„Jeder hat doch die Freiheit, Dinge zu beurteilen. Wir sind erwachsene Leute und er ist Musikkritiker und er sieht es anscheinend so. Ich teile diese Meinung überhaupt nicht, aber das ist dann Geschmackssache“, so Jenny dazu. „Ich finde, ein bisschen Kitsch ist manchmal auch etwas Schönes. Es ist wie mit allem im Leben. Es muss nicht immer alles bierernst sein, es darf fröhlich und heiter sein, oder eben traurig. Es muss nicht alles eine politische Message haben. Jeder hat doch das Recht auf seine Meinung“, ergänzt John.

Auch Udo Jürgens selbst hatte immer eine starke Meinung, „war jemand, der immer den Finger in die Wunde gelegt hat“, so Tochter Jenny. 

„Er hat sich politisch geäußert, er hat gesagt, was er denkt, oft auch sehr klar und deutlich und vielleicht für einige Leute auch unpassend. Ich fand das immer toll, dass er das gemacht hat. In den Liedern hat er das aber nicht mit der Brechstange getan, sondern manchmal mit einem Augenzwinkern und manchmal eher intellektuell.“

Am 30. September wäre der große Liedermacher 90 Jahre alt geworden, ein runder Geburtstag, den er laut seinen Kindern privat im familiären Kreis „klein und bescheiden“ gefeiert hätte. „In einem Lokal, das er liebt.“

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Neues Album

Zum Jubiläum gibt’s für die Fans ab 27. September das Album „udo 90“ – 90 Singles, die Jürgens zwischen 1956 und 2014 veröffentlicht hat – und eben als Bonus das bis dato unveröffentlichte Lied „Als ich fortging“, kuratiert von seinen Kindern Jenny und John. 

„Worum es bei Udo Jürgens geht, ist für mich einzig und allein seine Musik. Seine Arbeit am Klavier und seine wunderbare Arbeit mit all diesen Textdichtern und was er hinaus in die Welt getragen hat“, so Sohn John.

Biografie von Manager

Jürgens’ Schweizer Manager Freddy Burger (die beiden waren 37 Jahre ein Erfolgsteam) gedenkt dem Star anders, nämlich mit der Biografie „Liebe, Lust & Leidenschaft“ (Helvetia Verlag), in der er auch viele private und pikante Details verrät.

„Das große Jubiläumsjahr wird genutzt, um ein eigenes Produkt zu promoten. Ich hab’ da eine wahnsinnige Distanz. Ich kaufe das nicht, ich lese es nicht. Die einen machen eben das und erzählen über die Frauengeschichten und Udos Kinder kümmern sich um seinen musikalischen Nachlass“, sagt Jenny dazu.

„Jenny und ich kümmern uns um unseren Vater, die Musik und seine Botschaft“, so ihr Bruder John.