Zwischen Trauma und Wirklichkeit: Flock startet wieder durch
Von Christoph Geiler
Es war im Urlaub, als die Gefühle mit Janine Flock noch einmal richtig Schlitten fuhren und sie von den Olympischen Spielen in Südkorea wieder eingeholt wurde. Einige Wochen lang hatte die Skeletonpilotin ihre Emotionen erfolgreich auf Eis gelegt und sich kaum anmerken lassen, wie sehr das olympische Feuer tatsächlich noch in ihr lodert. Aber als dann in einem Gespräch mit ihrer Mutter das richtige Stichwort fiel, brach alles aus ihr heraus. „Die Frage hatte gar nicht einmal direkt etwas mit dem Sport zu tun, aber das hat es gelöst“, erinnert sich Flock. „Das war wichtig und irgendwie auch befreiend. Ich habe diesen Klotz nach Olympia lange mit mir herumgetragen.“
Antrieb
Die Winterspiele in PyeongChang hätten die Krönung ihrer erfolgreichen Karriere werden sollen. Als Führende nach drei von vier Fahrten schien Flock eine Medaille sicher, bei ihrem Finallauf sahen im ORF mehr Leute zu als bei jedem anderen Bewerb in Südkorea. Doch am Ende wurde die Tirolerin noch auf den vierten Rang durchgereicht, von der ersehnten Medaille trennten Flock zwei Hundertstelsekunden. „Klar tut’s noch weh“, sagt die 29-Jährige, „aber ich verbinde heute damit mehr positive als negative Erinnerungen.“
Auf alle Fälle haben die Ereignisse in PyeongChang die Kämpfernatur in ihr geweckt. Wer weiß, ob sie heute überhaupt noch im Eiskanal wäre, wenn sie in Südkorea tatsächlich den großen Erfolg eingefahren hätte. „Dieser vierte Platz ist mein Antrieb. Ich will in vier Jahren bei Olympia die Medaille holen“, sagt Janine Flock, als sie am Mittwoch von den Kindern der Neuen Mittelschule Zirl nach ihren Zielen gefragt wird.
Dass in den Bob- und Skeletonverband nun endlich Ruhe eingekehrt ist, die Differenzen mit Funktionären ausgeräumt sind und ihr Freund Matthias Guggenberger ihr seit Sommer als Coach zur Seite steht, hat die 29-Jährige aber erst richtig zum Weitermachen bewogen. „In dieser Konstellation macht es einen Sinn“, erklärt die Tirolerin.
Härtetest
Den Weltcup-Auftakt am Wochenende in Sigulda (Lettland) lässt Flock noch sausen, weil sie körperlich noch Aufholbedarf hat. Aber den wichtigsten Härtetest hat sie ohnehin bereits mit Bravour bestanden. Als sie nämlich vor zwei Wochen beim ICC-Rennen in Igls als Leaderin in den Finallauf ging – und vor jener Athletin gewann, die ihr in Korea die Bronzemedaille weggeschnappt hat. „Da hat jeder gesehen, dass ihr Olympia-Trauma endgültig erledigt ist“, sagt Coach Matthias Guggenberger.