Sport/Wintersport

Wie Speed-Ass Nicole Schmidhofer lernte, geduldig zu sein

Ein Gutes hat sie ja, die Zeit, die Nicole Schmidhofer jetzt hat: „Jetzt kenn’ ich mich richtig gut aus im Sport, sonst komm’ ich ja gar nicht dazu“, sagte die steirische Speedspezialistin  am Freitagmorgen. „Ich komm’ vom Fernseher gar nicht mehr weg vor lauter Sport schauen.“ Alle Skirennen hat die 31-Jährige verfolgt, dazu auch den Superbowl, der für den erklärten Football-Fan aus dem Lachtal ja sowieso Pflichtprogramm ist.

Aber vor allem ist Nicole Schmidhofer schmerzfrei. Das ist 72 Tage nach ihrem fürchterlichen Sturz in der ersten Abfahrt von Val d’Isère alles andere als selbstverständlich. Am Montag dieser Woche hatte sie die bislang letzte ihrer vier Operationen im linken Knie, das bei dem Aufprall in die Fangnetze mit mehr als 100 km/h durch einen Verrenkungsbruch zerstört worden ist.  Zerstört, das heißt in diesem Fall: deformierte Knochen, gerissene Bänder, beeinträchtigte Gefäße und Nervenbahnen.

Zu Boden brachte die Steirerin  aber nicht einmal diese nach „Schenk 5“ klassifizierte Verletzung. Im Gegenteil: Nicols Schmidhofers Tatendrang ist ungebrochen, ihre Ärzte und Therapeuten müssen die umtriebige Sportlerin regelmäßig bremsen. „Geduld ist ein schwieriges Thema für mich“, gesteht die Super-G-Weltmeisterin des Jahres 2017. „Am Anfang wollte ich es nicht wahrhaben, dass es so lange dauert, ich wollte manche Dinge beschleunigen. Nur war das medizinisch eben nicht möglich.“

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Wille und Möglichkeiten

Ihr Körper forderte bereits nach der ersten und zweiten Operation im Spital in Graz (19. bzw. 27. Dezember) Ruhe ein. „Ich war extrem müde, es waren ja auch lange Operationen“, erinnert sich Nicole Schmidhofer. „Dann wollte ich etwas tun, aber ich sollte nichts tun. Oft hatte ich das Gefühl, es geht viel weiter – es ging aber eben nicht, weil alles erst verheilen muss.“

Ihr Dank gilt der Station sieben im Grazer Spital, „ich gehöre dort ja schon zum Inventar“, sagt Schmidhofer, die Putzfrauen, Ärzten, Pflegern, allen Beteiligten einfach nur Danke sagen wollte nach 42 Tagen stationärem Aufenthalt.

Gute Aussichten

Die Prognosen sind jedenfalls positiv, wie Jürgen Mandl, der behandelnde Arzt, am Freitagmorgen sagte. Zwar sei es „der extremste Fall eines Arbeitsunfalls“, zwar muss Nicole Schmidhofer nach elf Wochen an Krücken noch einmal sechs Wochen mit Gehhilfen verbringen, „aber leichte Teilbelastung ist möglich. Und seit Montag ist das ganze Metall aus dem Knie wieder draußen.“ Kleine Einschränkung: Die Befestigungen  für die Kreuzbänder sind geblieben, das ist aber nicht das Problem.

Nun geht es weiter mit Therapie (Schmidhofer: „Das sind einige Stunden, jeden Tag“), zum 32. Geburtstag am 15. März werden die Nähte entfernt, ab Ostern  folgt eine längere  Rehabilitation in Tobelbad, in acht Wochen kann die steirische Patientin aus heutiger Sicht aufs Rad. Mit dem Laufen wird es noch etwas länger dauern.

„Insgesamt ist es sehr vielversprechend“, sagt Jürgen Mandl. „Eventuell ist eine weitere kleine Operation nicht auszuschließen, aber wenn es jemand schafft, dann Nicole Schmidhofer.“ Eine Prognose zum Zeitpunkt für die Rückkehr in den Weltcup kann er nicht geben, „aber ein Comeback in der nächsten Saison ist nicht unrealistisch.“

Klar ist jedenfalls eines für den Mediziner: „Biomechanisch hat sie einen Vorteil gegenüber größeren Menschen.“ Und so könnten ihre 158 Zentimeter Größe, die Schmidhofer sportlich nicht immer zum Vorteil gereicht haben, in diesem Fall eine große Hilfe sein.