Turbulente 15. Tour-Etappe in der Gluthitze Südfrankreichs
Am Ende der zweiten Tour-de-France-Woche häuften sich die schlechten Nachrichten. Mit dem Verlassen des Massif Central bog die 109. Frankreich-Rundfahrt am Sonntag in die Gluthitze des okzitanischen Flachlandes ein, Temperaturen um die 40 Grad waren vorhergesagt – und es wurde das entsprechende Protokoll des Veranstalters aktiviert.
So durften sich die Fahrer auf der 15. Etappe von Rodez nach Carcassonne bis zehn Kilometer vor dem Ziel verpflegen, leere Trinkflaschen durften auch außerhalb der Entsorgungszonen weggeworfen werden – und die Karenzzeit wurde auf 20 Prozent der Zeit des Siegers erhöht, unabhängig von dessen Durchschnittstempo.
Primoz Roglic beschäftigte sich da schon mit seiner Zukunft: Der dreifache Vuelta-Sieger aus Slowenien gab auf, nachdem er sich neun Tage lang mit den Folgen seines Sturzes auf der fünften Etappe durch das Rennen gequält hatte und seinem dänischen Jumbo-Visma-Teamkollegen Jonas Vingegaard so gut geholfen hatte, wie es eben möglich war.
Am Samstag handelte sich der 32-Jährige zwölf Minuten Rückstand auf die Favoriten ein, dem Rückschlag folgte die Einsicht, dass es besser für die lädierte Schulter ist, die Verletzung einmal ausheilen zu lassen.
Noch mehr Ausfälle
Und auch zwei weitere Herren ersparten sich die Hitzeschlacht, dies ebenso aus schlechtem Grund: Die Etappensieger Magnus Cort Nielsen (DEN/EF-Easy Post) und Simon Clarke (Israel-Premier Tech) waren positiv auf Corona getestet worden.
154 von ursprünglich 176 Startern stellten sich also den 202,5 Kilometern durch Südfrankreich, kurz nach 16 Uhr zeigte das Thermometer eines Motorrades dann tatsächlich 40 Grad an.
Heiß wurde es auch auf der Straße:
16.21 Uhr: Erneut versuchten Protestierende, die Tour für ihre Zwecke zu nutzen. Die Ausreißer Nils Politt (GER/Bora-hansgrohe) und Mikkel Frølich Honoré (DEN/Quick Step-Alpha Vinyl) konnten ausweichen, den Rest regelte die Gendarmerie bis zum Eintreffen des Hauptfeldes.
16.24 Uhr: Der Belgier Wout van Aert landete auf dem Asphalt, sein Jumbo-Visma-Teamkollege Steven Kruijswijk ebenfalls. Wegen einer lädierten Schulter musste der Niederländer, zuletzt ein immer wertvollerer Helfer für den Gesamtführenden Jonas Vingegaard, das Rennen aufgeben.
16.33 Uhr: Mit Vingegaard und Tiesj Benoot gingen die nächsten beiden Männer von Jumbo-Visma zu Boden, der Mann in Gelb und sein Helfer konnten aber weiterfahren. "Es war für uns ein richtiger Scheißtag", sagte Vingegaard später. "Mir geht's gut, aber wir haben heute zwei wichtige Männer verloren. Ich hoffe nur, dass es Tiesj gut geht. Er ist jedenfalls schwerer gestürzt als ich."
Vergebliche französische Liebesmüh'
Inzwischen waren mit Alexis Gougeard (Cofidis) und Benjamin Thomas (B&B-KTM) zwei neue Ausreißer an der Spitze, und sie wollten den ersten französischen Etappensieg bei dieser Tour unter sich ausmachen. Vergeblich: Den Massensprint sicherte sich Jasper Philipsen (BEL/Alpecin-Deceuninck) vor Wout van Aert und Mads Pedersen (DEN/Trek-Segafredo).
"Ich weiß, wie es sich anfühlt, bei der Tour zu verlieren. Und jetzt weiß ich, wie es sich anfühlt, hier zu gewinnen. Es ist unglaublich", sagte Jasper Philipsen. "Mir gehen so viele Dinge gleichzeitig durch den Kopf. Ich habe so hart dafür gearbeitet" – und dann kämpfte der 24-Jährige mit Emotionen und Tränen.
Am Montag folgt der zweite Ruhetag mit den nächsten Corona-Tests, am Dienstag folgt ein Vorgeplänkel auf die Etappen in den Pyrenäen mit zwei Bergen der ersten Kategorie und einer langen Abfahrt hinab ins Ziel nach Foix. Am Mittwoch und Donnerstag stehen dann zwei Bergankünfte in Peyragudes und Hautacam auf dem Streckenplan.
15. Etappe (Rodez–Carcassonne, 202,5 km): 1. Philipsen (BEL) Alpecin-Deceuninck 4:27:27, 2. Van Aert (BEL) Jumbo-Visma, 3. Mads Pedersen (DEN) Trek-Segafredo, 12. Pogacar (SLO) Emirates, 23. Vingegaard (DEN) Jumbo-Visma, 26. Bardet (FRA) DSM, 31. Schönberger (AUT) B&B Hotels-KTM, 32. Thomas (GBR), 34. A. Yates beide Ineos alle gl. Zeit, 57. Konrad (AUT) +24, 74. Haller (AUT) Bora-hansgrohe +48, 90. Mühlberger (AUT) Movistar +3:47, 100. Großschartner (AUT) Bora-hansgrohe gl. Zeit.
Gesamt: 1. Vingegaard 59:58:28, 2. Pogacar +2:22, 3. Thomas +2:43, 4. Bardet +3:01, 5. A. Yates +4:06, 18. Konrad +31:16, 37. Schönberger +1:20:06, 41. Mühlberger +1:26:20, 58. Großschartner +1:50:31, 74. Haller +2:15:31.