Sport/Tennis

Trotz verpasster Krönungszeremonie: Es war das Jahr des Dominic Thiem

Es war ein Riesenjahr. Dominic Thiem fuhrwerkte noch mehr als sonst in den österreichischen Sportgeschichtsbüchern herum. Auch wenn er das Jahr als Nummer drei abschließt, sprechen alle Anzeichen dafür, dass er schon bald von der Spitze lacht.

Zuletzt begeisterte Thiem beim ATP-Finale in London, wo er am Samstag Novak Djokovic in einem dramatischen Match 7:5, 6:7 (10), 7:6 (5) besiegte. Im Finale am Sonntagabend musste er sich dem bärenstarken Russen Daniil Medwedew in drei Sätzen geschlagen geben. 

"Natürlich bin ich enttäuscht, aber auch stolz auf meine Leistung hier", sagt Thiem nach dem verlorenen Endspiel. Stolz kann er vor allem auf die Saison sein:

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Der erste Grand-Slam-Titel

Der 27-Jährige gewann als erster Österreicher einen Grand-Slam-Titel in einem Einzelbewerb auf Hartplatz und den zweiten Titel seines Landes überhaupt seit Thomas Muster (French Open 1995). Im Endspiel war Thiem gegen seinen deutschen Freund Alexander Zverev bereits aussichtslos zurückgelegen, um dann in der engsten Entscheidung der US-Open-Geschichte noch im Tiebreak des entscheidenden fünften Satzes zu gewinnen.

Thiem ging auch erstmals als Favorit in ein Grand-Slam-Finale, gegen Rafael Nadal (zwei Mal French Open) und gegen Djokovic (heuer bei den Australian Open) war der Niederösterreicher als Außenseiter gestartet. Weil Nadal und Roger Federer nicht dabei waren, musste Thiem nach der Disqualifikation von Djokovic schon ab dem Achtelfinale die Bürde des Turnierfavoriten mit sich herumschleppen. Doch der Lichtenwörther wurde mit dem Druck fertig.

„Im Gehirn hat es von dem Moment an gearbeitet, als Djokovic draußen war. Es hat mich ständig begleitet“, erinnerte sich Thiem, der zugab: „Es war nicht das allerhöchste Niveau im Finale, aber von der Dramaturgie nicht zu überbieten. Wenn es schief gegangen wäre, hätte ich mich vielleicht nie mehr davon erholt.“

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Der Favoritenschreck

Auch wenn Nadal, Federer und Djokovic keine Konkurrenten in New York waren – angesichts seiner Bilanz hätte er auch so gewinnen können. Er war gestern der erste Spieler seit 2010, der in einem Kalenderjahr Nadal und Djokovic geschlagen hat, damals war dies Federer geglückt. Am Abend kam auch Daniil Medwedew zu dieser Ehre, er schlug beide beim ATP-Finale in London. Seit Samstag ist Thiem auch einer von zwei Spielern, die Djokovic, Nadal, Federer zumindest schon fünf Mal besiegt haben. Der andere Herr heißt Andy Murray und war selbst die Nummer eins. Heuer schlug Thiem Nadal gleich zweimal.

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Die Nervenstärke

Auch wenn es in London gegen Medwedew nicht klappte, zeichnete sich Thiem heuer durch Nervenstärke aus. Gegen Nadal gewann er heuer fünf Tiebreaks, und dem Spanier kann man wohl nicht nachsagen, in entscheidenden Situationen einen schweren Arm zu bekommen. Auch gegen Djokovic in London und Zverev in New York bewies Thiem kühlen Kopf in heißen Situationen.

Bei der Fünf-Satz-Niederlage gegen den Argentinier Diego Schwartzman im Viertelfinale der French Open war Thiem müde - immerhin hatte er noch den Fünf-Satz-Sieg über den Franzosen Hugo Gaston in den Knochen.

Dominic Thiem, die Eckdaten:

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Das Selbstbewusstsein

Seit Thiem mit dem enorm positiven Nicolás Massú trainiert, wirkt er befreiter. Der Ex-Profi vermittelt vor allem Freude am Spiel. Thiem trifft selbst die Entscheidungen, früher hat ihm Günter Bresnik viel abgenommen. Zu Jahresbeginn erkannte er auch rasch, dass das Experiment mit Trainer Thomas Muster nichts brachte.

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