Titeljagd in London: Thiem macht bei ATP Finals Lust auf mehr
Von Harald Ottawa
Dominic Thiem ist der Geisterspiel-Profi. In den jüngsten neun Spielen ohne Fans ging er ebenso oft als Sieger vom Court. Nur ein Geisterspiel ging verloren, im August beim ATP-Turnier in New York, wo er die darauf folgenden US Open gewann.
Nun schlug er in London beim ATP Finale nach Stefanos Tsitsipas auch Rafael Nadal – 7:6, 7:6 in einem sensationellen Match, in dem „Kleinigkeiten entschieden haben“, wie Thiem sagt. Wegen des anschließenden Erfolgs von Tsitsipas gegen Rublew steht er schon fix im Semifinale am Samstag. Heute (15 Uhr/live Sky) geht es gegen den Russen Andrej Rublew noch um den Gruppensieg. Das ATP-Finale ist das letzte Turnier des Jahres, und es gibt einen Vorgeschmack darauf, was der 27-Jährige in den nächsten zwölf Monaten verfolgt.
- Siege bei großen Turnieren
Thiems Ziel sind Titel – der beim ATP Finale und 2021 vor allem jene bei den Grand-Slam-Turnieren. Ein erstes der großen vier Turniere hat er dieses Jahr gewonnen. Bei den US Open hatten Nadal und Federer gefehlt, Djokovic hat sich im Achtelfinale durch eine Disqualifikation verabschiedet. 2021 will Thiem beweisen, dass er ein Grand-Slam-Turnier auch dann gewinnen kann, wenn die drei Altstars bis zur Endphase dabei sind. Primäres Ziel ist es, Nadal in Paris zu entthronen. Der Spanier gewann das Turnier heuer zum 13. Mal. Thiem verlor gegen den 34-jährigen zwei Endspiele.
- Die Weltrangliste
Thiem könnte im besten Fall das Jahr hinter Djokovic als Nummer zwei abschließen. Dafür muss er das ATP Finale gewinnen und Nadal heute gegen Tsitsipas verlieren und somit aus dem Turnier ausscheiden. Für Thiem ist die Weltrangliste aber zweitrangig. „Die großen Turniere zu gewinnen bleibt mein primäres Ziel. Wenn es dann zur Nummer eins reicht, nehme ich es sehr gerne mit.“ Ex-Profi Alexander Antonitsch sagt: „Er war bei einem Grand-Slam-Turnier im Finale, eines hat er gewonnen, bei einem kam er zumindest ins Viertelfinale. Viel mehr Punkte kann man gar nicht machen.“ Trainer Günter Bresnik sagt über seinen ehemaligen Schützling: „Von der Generation hinter den großen Drei ist er technisch am besten.“
- Siege gegen die Großen
Großartig ist seine Bilanz seit 2019 gegen die drei Topspieler. Gegen Nadal liegt er in dieser Wertung 3:1 voran, gegen Novak Djokovic steht es 2:2, gegen Roger Federer führt er in den Duellen der vergangenen zwei Jahre 3:0. Macht eine Gesamtbilanz von 8:3 Siegen. Die großen Drei, zu denen sich Thiem mit solchen Leistungen demnächst gesellen sollte, sind auch ein Ansporn für Großtaten. „Jedes Match gegen die ist eine Riesensache. Ich bin einfach glücklich, dass ich gegen sie noch spielen kann, weil es die drei besten Spieler aller Zeiten sind“, sagt Thiem, der die Spiele persönlich auch als Lernprozess sieht. „Diese Matches sind wichtig für mein Spiel. Und jeder Sieg auch wichtig für mein Selbstvertrauen.“
- Das Preisgeld
Hält er die Bilanz, dann kommen Titel zwangsläufig – und damit auch das Preisgeld. Umgerechnet rund 23 Millionen Euro hat Thiem in seiner Karriere schon verdient, dieses Jahr waren es 4,3 Millionen. Ein Sieg gegen Rublew bringt ihm 181.000 Euro, wird er ungeschlagen Turniersieger darf er 2,42 Millionen Euro in Großbritannien versteuern. Mit Sponsoren kommt Thiem in guten Jahren auf fast 20 Millionen Euro Jahreseinkommen.