WTA-Turnier in Linz: Zwei Kämpferinnen auf Titeljagd
Von Harald Ottawa
Die Landkarte mit den Profi-Turnieren, die in diesem Jahr stattfanden, sieht aus wie eine Wüstenlandschaft. Mehr als die Hälfte der geplanten Veranstaltungen konnte nicht ausgetragen werden, bei den Frauen war die Situation Corona-bedingt noch ein bisserl schlimmer.
Die österreichischen Turniere fanden statt. Kitzbühel und Wien bei den Herren – und seit gestern wird auch in Linz gespielt. Die letzte Station im Frauen-Kalender 2020. Auch, wenn sich keine Top-Ten-Spielerin auf der Spielerliste findet, kann Linz einmal mehr mit einem attraktiven Feld aufwarten. Mit Barbara Haas (spielt am Mittwoch gegen Veronika Kudermetowa/RUS) und Julia Grabher (am Dienstag gegen Sorana Cirstea/ROU) sind auch zwei Lokalmatadorinnen dabei.
Im Vorjahr sicherte sich die damals erst 15-jährige Cory Gauff, die von allen Seiten als kommender Superstar gehandelt wird, ihren ersten WTA-Titel.
Was und wen darf man sich von der 30. Auflage erwarten, die ohne Zuschauer und strengster Sicherheitsauflagen über die Bühne gehen muss (und darf). Zwei Frauen schicken sich an, die Nachfolge anzutreten. Zwei Frauen, die es nicht immer leicht hatten.
- Aryna Sabalenka
Die 22-jährige Weißrussin ist beim Upper Austria Ladies topgesetzt und Nummer elf der Welt. Sabalenka kann mit einem guten Ergebnis Majestätsbeleidigung begehen: Sie kann dafür sorgen, dass sie selbst wieder in die Top Ten einzieht (war schon Neunte) und die langjährige Nummer eins Serena Williams aus dem erlauchten Kreis rausschmeißen.
Die siebenfache Turniersiegerin nimmt ihre Kraft ausgerechnet aus einem Schicksalsschlag. Ihr Vaters Sergey starb ziemlich genau vor einem Jahr unerwartet – mit erst 43 Jahren. „Ich versuche einfach, zu kämpfen, weil mein Vater mich zur Nummer eins machen wollte. Ich mache das für ihn. Das ist es, was mir gerade hilft, so stark zu sein.“ Zuletzt war sie besonders stark, sie kommt als Turniersiegerin von Ostrau nach Linz. Dort schlug Sabalenka unter anderem Gauff. Ihr Sabalenkas Markenzeichen ist ein großes Tiger-Tattoo auf ihrem linken Unterarm. Die Erklärung: „Ich wurde im Jahr des Tigers geboren.“
- Nadia Podoroska
Die Argentinierin zog bei den French Open völlig überraschend ins Halbfinale ein – als erste Qualifikantin überhaupt in der Profi-Ära (seit 1968). Der Ort, wo Podoroska am 10. Februar 1997 geboren wurde, steht für große Qualität in der Welt des Sports. In Rosario erblickten auch Kickerstar Lionel Messi oder Revolutionär Che Guevara das Licht der Welt.
Vor etwa zwei Jahren hatte noch rein gar nichts auf ein „Tennismärchen“ hingedeutet, ganz im Gegenteil: Podoroska hätte sich eine Reise nach Paris noch nicht einmal leisten können. Acht Monate war sie wegen einer Verletzung am rechten Handgelenk ausgefallen, die finanziellen Reserven gaben keine teuren Turnierreisen mehr her. Das Karriereende war nicht mehr fern. „Ich hatte zu viele Verletzungen und bin im Ranking abgestürzt. Das war die härteste Zeit.“
Nun hat sie in Paris heuer allein 425.000 Euro verdient.