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Jindrak: "Werner Schlager und ich waren Zufallsprodukte"

Seit dem 1. Juni ist Karl Jindrak offiziell neuer Sportdirektor des heimischen Tischtennisverbands. Zwölf Jahre, nachdem der Wiener seine aktive Spielerkarriere beendete, kehrt er damit als Funktionär in den Verband zurück. Ein Bürojob, an den er sich erst gewöhnen muss, wie er zugibt. Parallel ist er ab und an auch noch für den internationalen Verband tätig. "Meine Tätigkeit als Sportdirektor soll aber nicht darunter leiden", stellt er klar.

Jindrak war jahrelang mit Doppelpartner Werner Schlager erfolgreich. 2005 sicherte sich das Duo im Doppel die Goldmedaille bei der Europameisterschaft in Dänemark. Zwei Jahre zuvor hatte Schlager bereits sensationell WM-Gold gewonnen. "Werner Schlager und ich sind damals aus Zufall entstanden", sagt Jindrak heute. In der 25. Episode des Kurier-Sportpodcasts spricht Jindrak unter anderem über seine Aufgaben und Ziele beim österreichischen Verband und die Situation der beiden Nationalteams. Zudem erklärt er, warum China seit Jahrzehnten "einiges anders und besser macht" als der Rest der Welt und was Österreich daraus lernen könnte.

Das vollständige Interview mit Karl Jindrak im Podcast:

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KURIER: Sie sind seit wenigen Tagen offiziell im Amt des ÖTTV-Sportdirektors. Wie sieht Ihr Aufgabenbereich konkret aus?

Karl JindrakIch bin direkt verantwortlich für das Nationalteam, den Bundestrainer Herren und Damen, die Spieler sowie für die sportlichen Zielsetzungen und Jahresplanungen. Damit wir den Spielern die optimalen Bedingungen bieten können, um dann auch Erfolge zu haben.

Sie waren und sind schon jahrelang für den internationalen Verband (ITTF) tätig. Inwiefern hilft dieser Blick von außen bei dieser neuen Aufgabe?

Ich habe gesehen, wie die verschiedenen Verbände arbeiten, wie die Vorbereitungen und Trainingsstrukturen aufgebaut sind. Es trainieren nicht alle gleich. Aber jeder kommt irgendwie zu seinem Ziel. Da kann ich beim ÖTTV etwas einbringen und hoffentlich auch umsetzen.

Wo sehen Sie in den nächsten Monaten und Jahren die größten Herausforderungen?

Die größte Herausforderung sehe ich darin, für die Spieler ein professionelles Umfeld zu schaffen. Momentan haben wir drei oder vier verschiedene Trainingsstätten, die Trainer sind viel mit dem Nationalteam unterwegs. Ich sehe meine Aufgabe darin, über das Jahr hinaus ein kontinuierliches, gutes Training zu schaffen. Und dem A-Kader mit den besten Leuten noch bessere Möglichkeiten zu geben: Also etwa Trainingspartner einzuladen und regelmäßigTrainingslager zu machen, um auch den Teamspirit wieder aufleben zu lassen. Mir kommt vor, dass die Spieler in den letzten Jahren ziemliche Individualisten geworden sind. Ich möchte wieder eine Einheit schaffen. Zu meiner Zeit war das ein eingeschweißtes Team. Das fehlt mir aktuell etwas.

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Wie äußert sich dieser fehlende Teamspirit?

Zum Beispiel bei den Vorbereitungen für große Turniere. Da sind die Spieler in den letzten Jahren ihre eigenen Wege gegangen. Jeder hat geschaut, was für ihn am besten ist. Zwei, drei Tage vor der WM oder EM hat man sich dann getroffen und ist zum Turnier geflogen. Das passt für mich nicht zusammen. Für mich ist klar, dass das Nationalteam mindestens eine Woche, zehn Tage vorher mit dem Trainer zusammen ist, um eine optimale Vorbereitung zu machen. Es muss wieder eine Gemeinschaft da sein, jeder miteinander trainieren. Wir haben ja ein starkes Team, es profitiert jeder von dem anderen. Unsere Aufgabe ist es, die Spieler so auf die Großereignisse vorzubereiten, dass sie dort 100 Prozent ihrer Leistung abrufen. Mit den individuellen Sachen können wir das schlecht koordinieren und kontrollieren.

Apropos Nationalteam: Das Top-Trio bei den Herren ist schon verhältnismäßig alt. Stefan Fegerl ist 29 Jahre alt, Daniel Habesohn 31, Robert Gardos 39. Steht da in den nächsten Jahren ein Umbruch bevor?

Das ist ein wichtiger Aspekt, dass der Nachwuchsbereich nicht vergessen wird. Wir haben zwei, drei recht gute Nachwuchsspieler, die bereits in den A-Kader hineingenommen werden, um mitzutrainieren. Über kurz oder lang wird es einen Umbruch geben. Die Jungen werden noch mehr forciert werden. Aber ich sehe den Umbruch noch nicht. Ich bin für die olympischen Spiele in Tokio 2020 voll optimistisch, dass das mit diesen Mannschaften funktionieren kann und wird.

Bei den Frauen hat Sofia Polcanova erfolgreiche Monate hinter sich, sie ist aktuell sogar die Nummer eins in Europa. Was ist da in Zukunft noch zu erwarten?

Sie hat in den letzten Monaten fantastisch gespielt und sich super weiterentwickelt. Ich bin ziemlich begeistert, auch wie sie bei der WM gespielt hat. Da ist auch unsere Hoffnung, dass Sofia bei den nächsten Großereignissen das ein oder andere Edelmetall nach Österreich holt. Technisch ist sie sehr gut drauf und auch die körperlichen Voraussetzungen passen. Da ist in den nächsten Jahren einiges möglich. Da möchte ich natürlich auch das Umfeld schaffen, dass es für sie so reibungslos und professionell wie möglich abläuft.

Gibt es Ziel, das sie in Ihrer Amtszeit unbedingt erreichen möchten?

Da gibt es mehrere Ziele. Rein sportlich möchte ich mich mit der Maximalanzahl von Spielern für die olympischen Spiele qualifizieren, um dort vielleicht sogar um eine Medaille mitzukämpfen. Was mir sehr am Herzen liegt, ist, dass wir in Österreich die Strukturen und das Umfeld für den Nachwuchs - auch im schulischen Bereich - so schaffen, dass alles Hand und Fuß hat. Werner Schlager und ich sind damals noch aus Zufall entstanden. Wir hatten positiv verrückte Eltern, die uns unterstützt haben und die Chance gaben, unser Hobby ausüben zu können. Solche Zufälle gibt es aber nicht mehr oft. Von diesen Zufallsmomenten möchte ich auch weg. Ich sehe zudem auch extrem wenige Multifunktionshallen, die für solche Sportarten geeignet sind. In Deutschland gibt es an jedem kleineren oder größeren Ort so eine Halle, wo man eine Tischtennis-Weltmeisterschaft austragen kann. Das gibt es in Österreich nicht. Und das betrifft nicht nur Tischtennis. Hier versuche ich, dass ich das ein oder andere dazu beitragen kann, damit das besser wird.

Das nächste größere Highlight sind im September die Europameisterschaften in Spanien. Wie sehen hier die Erwartugen aus?

Das Hauptaugenmerk wird sein, dass beide Teams eine optimale Vorbereitung genießen. Ziel ist es auf jeden Fall, irgendwo eine Medaille herzubekommen. Wer das dann macht und welche Farbe diese hat, darauf möchte ich mich nicht festlegen. Aber wir haben sowohl bei den Herren als auch Frauen - im Einzel und Doppel - die eine oder andere Möglichkeit. Ich bin da eigentlich recht zuversichtlich. Mein Hauptziel ist aber eigentlich die Qualifikation für die olympischen Spiele. Das wird ein ganz großer Brocken werden. Wenn bei den Europameisterschaften keine Medaille herausschauen würde, wäre ich nicht super enttäuscht. Mehr enttäuschen würde mich, wenn wir nicht in der Maximalbesetzung bei den olympischen Spielen dabei sein werden.

Was Karl Jindrak zudem über seine Aufgaben beim internationalen Verband und die jahrzehntelange Tischtennis-Dominanz Chinas erzählt, hören Sie in der Podcast-Langfassung.

 

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