Sport/Fußball

Ex-Rapid-Meisterspieler Mandreko: Dankbar im schwersten Kampf

Zoran Barisic, Dietmar Kühbauer, Stefan Marasek, Sergej Mandreko – sie galten zu Zeiten, als Rapid der bis heute letzte Pokalsieg (1995) und ein Jahr danach der Titelgewinn plus der Einzug ins Europacupfinale gelang, als die Stimmungsmacher in Hütteldorf. Ihr Trainer Ernst Dokupil nannte sie in Anspielung auf die Wildwest-Comicserie und deren tolpatschige Gangster „Die Daltons“.

Soeben starteten Rapids neuer Sportdirektor Barisic und Trainer Kühbauer die Saison-Vorbereitung. Marasek handelt mit Qualitätswein in Tirol. Mandreko indes kann an einen Beruf nicht denken. Weder mit noch ohne Ball. Für den einstigen Oberspaßvogel ist die körperliche Situation bitterernst.

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Es war vor drei Jahren, als Sergej ein vermeintlich belangloses Zucken im rechten Oberarm verspürte, weshalb er sich an die Rapid-Ärzte und danach an einen Neurologen wandte. Letzterer musste ihn mit einer niederschmetterenden Diagnose konfrontieren: ALS (Erkrankung des motorischen Nervensystems). Unheilbar.

Als Kühbauer und Co. für Mandreko im dritten Wiener Bezirk, wo Sergej kurz zuvor noch den Stadtligisten LAC trainiert hatte, ein Benefizspiel veranstalteten, konnte der gebürtige Tadschike und ehemalige Nationalspieler (UdSSR bzw. GUS) am Spielfeldrand ohne fremde Hilfe noch stehen und gehen. Das ist nicht mehr möglich.

Auch das Reden fällt ihm schwer. Gleichgültig, ob in seiner russischen Muttersprache oder auf Deutsch, das er in Bochum und in Berlin perfektionierte. Von Hertha BSC bekam er ein aufmunterndes Schreiben. Dennoch gilt für Sergej: Wien, Wien nur du allein.

Er weiß zu schätzen, dass er bei Ausflügen vom Rollstuhl aus das Innenstadt-Flair aufsaugen kann. Nur hinaus nach Hütteldorf ins Rapid-Stadion wagt sich Sergej nicht. Das würde ihn emotional zu sehr belasten.

In der Nacht träumt Mandreko zuweilen, dass er noch Fußball spielt. Sofern er schlafen kann. Denn nächtens kommen die Schmerzen. Aber tagsüber, signalisiert er mit dankbarem Blick, fühle er sich gut. Wie überhaupt Sergej beim Besuch in seiner Altbau-Wohnung in der Marokkanergasse nicht über sein Schicksal jammert.

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Die Rapid-Familie

Die Stadt Wien habe ihn unterstützt, will er festgehalten wissen. Die Franz Klammer-Stiftung habe ihn „noch nie vergessen“. Und die Rapid-Familie sei einmalig. Tatsächlich ist’s bemerkenswert, dass vom gefürchtetem Block West, wo nicht gerade die Begüterten stehen, 25.000 Euro gesammelt wurden.

Um ALS in den Griff zu bekommen, müssten freilich Milliarden in die Forschung investiert werden. Was nicht passiert, weil sich – so gefühlskalt es klingt – so hohe Investitionen für die Pharmaindustrie nicht lohnen, zumal es in Relation zu anderen lebensbedrohlichen Leiden zuwenig ALS-Pechvögel gibt. Das weiß Sergej. Und er weiß auch, dass unter den wenigen ALS-Opfern gerade immer wieder Fußballer sind. Über den Grund rätselt die Medizin. Obwohl speziell in Italien wiederholt Richtung Doping spekuliert wurde. Sergej schwört, nie Unerlaubtes eingenommen zu haben.

Im Gegensatz zur Muskelkraft verlässt ihn sein Gedächtnis nicht. Das, besagt die medizinische Erfahrung, sollte bis zum Lebensende so sein. Noch ist’ s lange nicht so weit. Noch macht Sergej ein neues Mittel Mut, mit dem er im AKH behandelt wird.

Mandreko verfolgt ganztägig Fernsehsport im Liegen. Oft im russischen TV. Weil das fast jedes Fußballereignis der Welt live überträgt.

Liebevoll streichelt Gattin Inga seinen bewegungseingeschränkten rechten Arm. Sergej heiratete sie vor acht Jahren in Moskau, wo er dem Trainerstab von Lok angehörte. Gemeinsam mit Rachid Rachimow, Alfred Tatar, Gerhard Hitzel. Und auch Damir Canadi, der nach einem erfolgreichen Griechenland-Abenteuer als Coach in Nürnberg andockte, sei damals mit von der Moskauer Partie gewesen.

Wenn Inga in Moskau auf Heimaturlaub ist, übernimmt Anastasia, Sergejs Tochter aus erster Ehe, seine Betreuung. Und wenn ihn das Reden zu sehr anstrengt, deutet er auf den Bildschirm seines Spezialcomputers, der Sergejs Gedanken zu Sätzen verwandeln kann. „Habe Werner Gregoritsch alles Gute für die EM gewünscht.“

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Es menschelt

Gregoritsch war Mandrekos Trainer in (erfolgreichen) Mattersburger Zeiten. Die beiden korrespondieren heute noch. Es „menschelt“ zwischen ihnen. Vielleicht, weil auch Gregoritsch bei all seinem Temperament bewusst ist, dass es Ärgeres als Fußball-Niederlagen gibt. Beim aktuellen Coach der U-21-EM-Auswahl wurde 1997 Hodenkrebs diagnostiziert. Der heute 61-jährige Gregoritsch hat ihn längst besiegt.

Sergej nickt. „Auch ich werde kämpfen und kämpfen und kämpfen.“ Wie ein Löwe. So wie es seinem Sternzeichen entspricht. Am 1.August wird Sergej 48 Jahre alt.wolfgang.winheim